Tipps vom ACE-Vertrauensanwalt zur Urlaubszeit: Ratgeber Knöllchen im Ausland
ACE-Vertrauensanwalt Ratgeber Recht: Strafzettel aus dem Ausland – Strafen ohne Grenzen
Rosenheim (ACE) 24. Juni 2015 – Absolutes Alkoholverbot und eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h auf Landstraßen: Wer mit dem Auto im Ausland unterwegs ist, sollte sich vor Abreise über die jeweiligen Verkehrsregeln informieren. Sonst droht bei einem Vergehen – auch bei Unwissen – ein Bußgeld. Doch auch wer nicht auf frischer Tat erwischt wird, muss unter Umständen nach Wochen noch mit einem Bußgeldbescheid aus dem Ausland rechnen, darauf macht der Rosenheimer Vertrauensanwalt des ACE Auto Club Europa, Rechtsanwalt Dr. Marc Herzog, aufmerksam. Möglich macht das eine Richtlinie zum Austausch von Kfz-Halterdaten innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten (Richtlinie zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte (ABl. L 288 vom 5.11.2011, S. 1)), die in überarbeiteter Form seit Mai gilt. Lediglich Großbritannien, Irland und Dänemark haben eine zweijährige Übergangsfrist ausgehandelt und werden erst ab 2017 am grenzüberschreitenden Datenaustausch teilnehmen.
„Trotz der Überarbeitung bleibt alles wie gehabt“, erläutert ACE-Verkehrsrechtsexperte Dr. Herzog. Das heißt auch: Zulässig ist die Halterabfrage weiterhin nur bei folgenden acht schweren Verstößen:
- Geschwindigkeitsübertretung,
- Nichtanlegen des Sicherheitsgurts,
- Rotlichtverstoß,
- Trunkenheit im Straßenverkehr,
- Fahren unter Drogeneinfluss,
- Nichttragen eines Schutzhelms,
- unbefugte Benutzung eines Fahrstreifens und
- verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons oder anderer Kommunikationsgeräte beim Fahren.
Wer zu schnell oder unter Drogeneinfluss fährt, den Sicherheitsgurt nicht anlegt oder den Helm nicht aufsetzt, eine rote Ampel oder das Handyverbot missachtet oder einen Fahrstreifen – beispielsweise die Standspur – unbefugt nutzt, dem droht Post aus dem Ausland“, so Herzog. Wer solch einen Brief im Postkasten findet, sollte sich immer gut überlegen, ob ein Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid sinnvoll ist. Denn ein Einspruch stoppt nicht das Verfahren, sondern kann sogar die zu zahlende Summe nach oben treiben. Zudem droht bei erneuter Einreise Ungemach.
„Bemerkt eine ausländische Behörde einen Verstoß durch ein in Deutschland zugelassenes Fahrzeug, kann sie die Halterdaten beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg abfragen“, schildert Herzog das behördliche Vorgehen. Das KBA teilt dann die wichtigsten Daten zur Bestimmung des Halters mit: Dazu zählen unter anderem der Name, die Anschrift, das Geschlecht sowie das Geburtsdatum.
Trotz grenzüberschreitendem Datenaustausch bleibt der Strafzettel aus dem EU-Ausland in vielen Fällen ohne Folgen: Zwar können rechtskräftige Bußgeldbescheide aus einem anderen Mitgliedstaat ab 70 Euro (Achtung: Österreich 25 Euro) in Deutschland vollstreckt werden. „Das gilt jedoch nur, wenn die ausländischen Behörde nachweisen kann, wer am Steuer saß“, erläutert der ACE-Rechtsexperte. Denn während in vielen europäischen Staaten das Prinzip der Halterhaftung gilt, kann hierzulande in der Regel nur der Fahrer belangt werden. Ist ein ausländischer Bescheid demnach nicht mit deutschem Recht vereinbar, werden die deutschen Behörden ihn nicht vollstrecken.
Anderseits ist der Schwellenwert von 70 Euro rasch erreicht. Im europäischen Ausland sind Bußgelder oft wesentlich höher als hierzulande. In Belgien bittet die Polizei beispielsweise Temposünder, die mehr als 20 Kilometer pro Stunde zu schnell waren, mit 100 Euro zur Kasse. Zum eigentlichen Bußgeld addieren sich die Verwaltungsgebühren. Lautet der Bußgeldbescheid also zum Beispiel auf 40 Euro, kann er gleichwohl in Deutschland vollstreckt werden, wenn Verfahrenskosten von 30 Euro dazukommen.
Zuständig für die Vollstreckung ist das Bundesamt für Justiz (BfJ). „Zahlungsaufforderungen von Inkassounternehmen können also ignoriert werden“, stellt der ACE-Anwalt Dr. Herzog klar. Das BfJ leitet die Vollstreckung nur dann ein, wenn der Bescheid aus dem Ausland eine deutsche Übersetzung enthält, die zumindest den wesentlichen Inhalt wiedergibt. Ferner scheidet eine Vollstreckung aus, wenn der Betroffene in dem ausländischen Verfahren keine Gelegenheit hatte, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Nichts desto trotz kann der Bußgeldbescheid, wenn man nichts unternimmt, im Ausland rechtskräftig werden.
Urlauber sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass bei ausländischen Bußgeldverfahren die Verjährungsvorschriften des jeweiligen Landes gelten. „Während in Deutschland Verkehrsverstöße bereits nach drei Monaten verjähren können, sind die Verjährungsfristen in anderen EU-Staaten zum Teil deutlich länger“, erinnert Herzog. Daher können theoretisch auch noch solche Verstöße geahndet und vollstreckt werden, die Monate oder sogar Jahre zurückliegen.
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