Wie funktioniert die Abstandsmessung mit dem VKS 3.o. System?
Abstandsverstöße und auch Geschwindigkeitsverstöße werden oft mit dem VKS 3.0. festgestellt. Doch wie funktioniert dieses Messverfahren?
Das Abstands-Messverfahren VKS 3.0.
Mit dem VKS 3.0-System oder auch VKS 3.2.-System (Hersteller Vidit Systems GmbH) können aus einer Videoaufzeichnung Geschwindigkeiten von Fahrzeugen und deren Abstände zum vorausfahrenden Fahrzeug bestimmt werden. Das System wird daher vorwiegend auf Brücken zur Abstandsüberwachung eingesetzt. Es können aber auch Geschwindigkeitsverstöße mit dem System geahndet werden. Das derzeit (Stand 08/2017) aktuelle Modell ist das VKS 3.0 mit der Softwareversion 3.2 3D. Daher spricht man gelegentlich auch vom VKS 3.2. und meint damit das VKS 3.0. mit der Softwareversion 3.2.
Zur Geschwindigkeits- und Abstandsermittlung wird der Verkehr in einem Fahrbahnabschnitt mit einer Videokamera von einem festen, mindestens drei Meter über der Fahrbahnoberfläche liegenden Kamerastandpunkt aufgenommen. Zunächst wird ein Fahrbahnabschnitt von mindestens 80 Metern mit vier Punkten markiert und genau vermessen. Dabei wird jede Messstelle entsprechend der örtlichen Gegebenheiten eingerichtet. Die Pass- und Kontrollpunkte werden mit einem geeichten Längenmessgerät oder einem elektrooptischen Tachymeter vermessen. Beim ersten Einrichten der Messstelle wird ein Referenzvideo aufgezeichnet.
Zwei zusätzliche Punkte dienen als Kontrollpunkte. Hierdurch entsteht ein genaues maßstabsgerechtes Modell der Fahrbahn um in einem Computer eine Transformation der Perspektive zu errechnen. Innerhalb dieses virtuellen Messfeldes können exakte Bestimmungen über Zeit und Ort eines Motivs durchgeführt werden.
Um Messungen im Videobild durchzuführen, wird die Perspektive im Videobild berechnet. Die vor Ort markierten Punkte werden mit dem Fadenkreuz im Videobild angeklickt und somit als Messraster-Daten erfasst. Die zwischen diesen Punkten gemessenen Strecken werden eingegeben. Aus diesen Daten (Messraster im Videobild – tatsächliche Dimensionen) berechnet das Programm eine perspektivische Transformation.
Unabhängig von der Art der vorliegenden Messstelle (2D- oder 3D-Messstelle) beruhen die Abstands- und Wegstreckenmessung auf einer perspektivischen Transformation der im Videobild digitalisierten Fahrzeugpositionen. Als Grundlage für die perspektivische Transformation werden auf dem in der Videoaufnahme abgebildeten Fahrbahnabschnitt vor Ort vier Passpunkte auf der Fahrbahnoberfläche gut sichtbar markiert.
Diese Transformation liefert Parameter, mit denen die Fadenkreuz-Koordinaten im Videobild zu tatsächlichen Vorort-Koordinaten umgerechnet werden. Falls eine 3D-Messstelle vorliegt muss zusätzlich zur perspektivischen Transformation eine 3D-Transformation durchgeführt werden, um die tatsächlichen Vorort-Koordinaten zu erhalten.
Die mathematische Grundlage für diese 3D-Transformation ist der Schnitt einer räumlichen Geraden mit einer einzelnen Ebene im Raum. An Hand der Messstellendatei erkennt VKS 3.2 3D automatisch, dass eine 3D-Messstelle vorliegt und daher eine zusätzliche 3D-Transformation durchgeführt werden muss. Das Einstellen mit dem Fadenkreuz und Umrechnen zu tatsächlichen Dimensionen wird im VKS 3.2 3D als Digitalisieren bezeichnet.
Es können beliebige Punkte auf der Fahrbahnoberfläche digitalisiert werden (z.B. zur Berechnung des Abstandes zwischen zwei Punkten). Wird das Videoband mit Hilfe des Rekorders angehalten, ein Fahrzeugpunkt im Hintergrund digitalisiert, das Videoband in Bewegung gesetzt und wieder angehalten, derselbe Punkt dieses Fahrzeuges nochmals digitalisiert, kann der von diesem Fahrzeug zurückgelegte Weg innerhalb dieser beiden Videopositionen berechnet werden.
Für jeden digitalisierten Punkt steht die Kodierungsnummer der Videoposition zur Verfügung. Anhand dieser Kodierungsnummer kann der Zeitraum zwischen den Videopositionen berechnet werden.
Das VKS 3.2 unterscheidet zwei Arten von Messstellen, die 2D- und die 3D-Messstelle. Erfahrungsgemäß muss eine 3D-Messstelle errichtet werden, wenn
- die Oberfläche des Auswertebereichs erhebliche Unregelmäßigkeiten aufweist (z.B. Kuppen und/oder Senken) und/oder
- eine oder mehrere Kurven im Auswertebereich liegen.
Bei dem Messverfahren VKS 3.2. ist im also sog. 3-D-Modus auch eine Messung in Kurven möglich. Die erste Einrichtung der Messstelle muss dann allerdings durch den Hersteller erfolgen. Aus der Erfahrung sind die meisten der Messstellen 2D-Messstellen.
Berechnung des Abstandes
Zur Berechnung der gefahrenen Durchschnittsgeschwindigkeiten und der Abstände der Fahrzeuge zueinander, werden Toleranzen berücksichtigt. Diese sind bei Geschwindigkeiten über 100 km/h von 3 % und bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h von 3 km/h vom ermittelten Geschwindigkeitswert in Abzug zu bringen.
Ebenso wird im Allgemeinen ein K-Wert berücksichtigt und ebenfalls bei der Ermittlung des Abstandes in Metern in Abzug gebracht. Dieser K-Wert beschreibt die Fahrzeuglänge des vorausfahrenden Fahrzeuges und variiert je nach Fahrzeugmodell. Die zur Geschwindigkeitsberechnung erforderliche Zeitinformation wird dabei aus der Laufzeit der Videobilder von jeweils 0,04 s gewonnen. Geschwindigkeitstoleranzen und Messtoleranzen werden immer zu Gunsten des Betroffenen berücksichtigt.
Die zeitlichen Abstände beider Fahrzeuge zueinander werden in der Art ermittelt, dass aus den im Video eingeblendeten Zeiten im Zusammenhang mit den entsprechenden Fahrzeugpositionen (Hinterachse des Vorausfahrenden vor der Markierung und Vorderachse des Betroffenenfahrzeugs hinter der Markierung) eine Zeitdifferenz gebildet wurde.
Anhand dieser Zeitdifferenz und der Geschwindigkeit erfolgte die Abstandsermittlung, wobei als Toleranz auf die Abstandsberechnung die Fahrzeugüberhänge beider Fahrzeuge (Vorausfahrender hinten/ Betroffenenfahrzeug vorn) und die Markierungsbreite gewährt werden. Weitere Abzüge, auf die Zeit oder Wegstrecke, erfolgen nicht.
Identifizierung des Fahrers
Zur Identifizierung des betroffenen Fahrers dient eine zusätzliche Video- oder Fotoanlage. Vor Ort werden in der Regel mindestens zwei Videoaufzeichnungen vorgenommen. Nämlich eine Tatvideoaufzeichnung und eine Fahrervideoaufzeichnungen. Mit der Tatvideoaufzeichnung wird die Abstands- und Geschwindigkeitsmessung durchgeführt. Die Fahrervideoaufzeichnung dient der Fahreridentifizierung und Kennzeichenerfassung.
Für die Fahreridentifikation wird auch in der Version 3.2 3D oft das „select“ Verfahren verwendet. Ein Videostream zur Identifizierung von Fahrer und Kennzeichen wird beim gegenständlichen Baustand „select“ der Messanlage nicht mehr gefertigt, sondern digitale Beweisfotos in einem Abstand von 40 ms, die wahlweise ihren Eingang in die jeweilige Verfahrensakte finden.
Personalqualifizierung
Amtliche Messungen dürfen gemäß der der Innerstaatlichen Bauartzulassung vom 11.12.2001, 3. Neufassung der Anlage Stand 04.12.2014 nur durch entsprechend geschultes Bedienungspersonal durchgeführt werden. Es darf nur geschultes Personal (geschult durch den Hersteller oder Aus- und Fortbildungsstellen der Polizei) die Messungen vornehmen. Diese Schulungen sind schriftlich zu bestätigen.
Überprüfung der eichamtlichen Sicherungen
Die Anlage unterliegt der gesetzlichen Eichpflicht nach dem Eichgesetz und ist von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) unter dem Zulassungszeichen 18.19/01.02 zur Eichung zugelassen. Regelmäßig wird in einem Messprotokoll die Überprüfung der Hauptstempel, der Sicherungsmarken und der Sicherungsplomben auf Unversehrtheit bestätigt. Denn nur wenn alle eichamtlichen Sicherungen am Tattag vorhanden und unversehrt waren kann von einem gültig geeichten Messgerät ausgegangen werden. Sind Eichmarken/-siegel (Aufkleber) beschädigt, führt dies zu einem vorzeitigen Erlöschen der Eichung und im Hinblick auf § 37 Abs. 2 Nr. 4 des Mess- und Eichgesetz (MessEG) dürfen diese Messgeräte dann nicht mehr für amtliche Messungen verwendet werden.
Die Anzahl und der Anbringungsort der Eichmarken bei den einzelnen Messanlagen variieren, da jede Messanlage umfangreiche Einzelbaugruppen beinhaltet.
Sie wurden geblitzt?
Eine Überprüfung der Messung ist regelmäßig nur nach Einsicht in die Bußgeldakte und die gesamten Messunterlagen etc. möglich. Akteneinsicht bekommt regelmäßig aber nur ein Rechtsanwalt. Somit können Sie sich in der Regel ohne Rechtsanwalt nicht zielgerichtet verteidigen. Wir können für Sie die Akten bei der Bußgeldbehörde anfordern und Messfehler überprüfen. Hierzu steht uns auch ein Netzwerk an Sachverständigen, Spezialisten für Verkehrsmesstechnik, zur Verfügung. Sie wollen uns bei einer Abstandsmessung beauftragen? Unsere Fachanwälte für Strafrecht und ein Fachanwalt für Verkehrsrecht stehen Ihnen gerne zur Seite. Hier finden Sie die nötigen Informationen oder Sie rufen uns einfach an!
Rechtschutzversicherung zahlt die Kosten
Wenn Sie über eine Verkehrsrechtschutzversicherung verfügen, sind nicht nur alle anfallenden Rechtsanwaltsgebühren gedeckt. Die Verkehrsrechtschutzversicherung übernimmt auch alle Gerichtskosten einschließlich etwaiger Sachverständigenkosten. Gerade bei einem Vielfahrer oder Berufskraftfahrer ist es enorm wichtig, die Messung zu überprüfen, damit ggf. ein Fahrverbot umgangen werden kann.
Wichtig und oft vergessen:
Auch außerhalb eines Gerichtsverfahrens können wir für Sie die Messung durch auf Verkehrsmesstechnik spezialisierte Sachverständige überprüfen lassen. Die Kosten hierfür werden regelmäßig auch von einer Verkehrsrechtschutzversicherung übernommen. Wir helfen Ihnen gerne auch dabei, eine Kostenübernahme durch die Rechtschutzversicherung zu erhalten.
Wenn Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich an uns!