Disziplinarrecht für Beamte:
Absolutes und relatives Maßnahmenverbot in
§14 I Bundesdisziplinargesetz bzw. Art. 15 I BayDG
Begeht ein Beamter sowohl innerdienstlich, als auch außerdienstlich eine Straftat, wird dies häufig neben den strafrechtlichen auch dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn der Beamte hierbei seine Beamtenpflichten verletzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Beamte häufig einer Art „Doppelbestrafung“ unterliegt.
Als Ausfluss des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat der Gesetzgeber hierbei die Norm des §14 I, II BDG für Bundesbeamte und Art. 15 BayDG für Landesbeamte im Freistaat Bayern eingeführt.
Nach §14 I Nr. 1 BDG darf wegen desselben Sachverhalts ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden, wenn gegen den Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt worden ist oder eine Tat nach §153 a I S. 5 oder II S.2 StPO nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann. Eine Kürzung der Dienstbezüge nach §14 I Nr. 2 BDG kann nur dann ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.
Gleiches gilt im Grunde im Bayerischen Disziplinargesetz, der sich nur in der Hinsicht von §14 BDG unterscheidet, dass sich zum einen das absolute Maßnahmenverbot in Art. 15 I Nr. 1 BayDG nur auf die Maßnahmen Verweis und Geldbuße bezieht und in den Fällen des Art. 15 I Nr. 2 BayDG eine Kürzung der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts auch dann in Frage kommt, wenn dies zum Zweck der Wahrung des Ansehens des Berufsbeamtentums erforderlich ist. Sinn der letztgenannten Regelung und damit entscheidender Unterschied zum Bundesdisziplinarrecht ist, eine Benachteiligung aktiver Beamter gegenüber Ruhestandsbeamten, bei denen eine zusätzliche Pflichtenmahnung regelmäßig ausscheidet, zu vermeiden.
I. Absolutes Maßnahmenverbot
§14 I Nr. 1 BDG bzw. Art. 15 I Nr. 1 BayDG regeln das sogenannte absolute Maßnahmenverbot.
Liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des §14 I Nr.1 BDG vor, ist der tatidentische disziplinare Sachverhalt unter Anwendung des §13 BDG und Beachtung der allgemeinen Verfahrensgrundsätze daraufhin zu prüfen, welche Form der Disziplinarmaßnahme zu erwarten wäre. Führt diese Prüfung letztlich zu dem Ergebnis, dass als Disziplinarmaßnahme ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts (anders Art. 15 I Nr. 1 BayDG) einschlägig wäre, greift das in § 14 I Nr.1 BDG aufgeführte absolute Maßnahmenverbot ein. Die Behörde darf keinerlei Ermessensentscheidung mehr ausüben, so dass das Disziplinarverfahren nach §32 I Nr. 3 BDG einzustellen ist.
II. Relatives Maßnahmenverbot
Anders verhält es sich im Rahmen des §14 I Nr. 2 BDG bzw. Art. 15 I Nr. 2 BayDG.
In beiden Normen wird das sogenannte relative Maßnahmenverbot geregelt. Ergibt die hypothetische Prüfung, dass die Voraussetzungen für die Ahndung mit einer Kürzung der Dienstbezüge §14 I Nr. 2 BDG bzw. die Kürzung des Ruhegehalts nach Art. 15 I Nr. 2 BayDG vorliegen, greift die Sperrwirkung gerade nicht ein, wenn die Maßnahme erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.
Das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ ist dabei zukunftsorientiert. Dies bedeutet, dass die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme nur ausnahmsweise zulässig ist, wenn die Verfehlung zu der konkreten Befürchtung Anlass gibt, dass der Beamte trotz der gegen ihn verhängten Strafe auch in Zukunft gegen seine Beamtenpflichten verstoßen wird.
Entscheidend für diese Prognose ist dabei insbesondere der bisheriger Werdegang des Beamten, die in seiner Person oder seiner dienstlichen Tätigkeit und der ihm zur Last gelegten Umstände. Aufgabe und Ziel disziplinarrechtlicher Maßnahmen ist es, den Beamten zu pflichtgemäßem Verhalten zu veranlassen. Nur wenn aufgrund der strafrechtlichen Sanktion Gewähr besteht, der Beamte wird auch künftig seine Dienstpflichten erfüllen, ist eine weitere disziplinarrechtliche Sanktionierung im Sinne von Art. 14 I Nr. 2 BDG bzw. Art. 15 I Nr. 2 BayDG nicht mehr erforderlich.
Ein entscheidender Aspekt im Rahmen des relativen Maßnahmenverbots ist zudem, ob der Beamte bereits in einschlägiger Weise in Erscheinung getreten ist, bzw. ob er in der Lage ist, das begangene Unrecht seiner Tat einzusehen.
Handelt es sich bei dem Beamten bereits um einen Wiederholungstäter bzw. Rückfalltäter wird dies in der Regel ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Beamte auch in Zukunft seine beamtenrechtlichen Pflichten nicht erfüllen wird. Im Ergebnis wird daher das relative Maßnahmenverbot nicht greifen.(vgl. BVerwGE 63, 222; 83,46).
Jedoch kann auch bei einem Ersttäter die Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme im Sinne von §14 I Nr. 2 BDG erforderlich machen, wenn der Beamte ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit zeigt (vgl. BVerwG in NVwZ 1994, 1219, 1220).
Zu beachten ist jedoch, dass Disziplinarmaßnahmen wie die Zurückstufung, Aberkennung des Ruhegehalts oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als schwerste disziplinarrechtliche Ahndung vom §14 BDG bzw. Art. 15 BayDG nicht erfasst werden und insoweit kein Maßnahmenverbot- auch kein relatives- besteht.
Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass sich wie so oft jede schematische Lösung des Falles für die Behörde verbietet. Vielmehr sind alle Aspekte der begangenen Tat , die Persönlichkeit des Beamten sowie seine konkret dienstliche Tätigkeit und sein bisheriger beruflicher Werdegang entscheidungserheblich, um eine Aussage hinsichtlich der Erforderlichkeit einer zusätzlichen Disziplinarrechtlichen Maßnahme im Sinne von §14 I Nr. 2 BDG treffen zu können.
für Dr. Herzog Rechtsanwälte
Jürgen Liebhart (Dipl-Jur.)
Rechtsreferendar