Gericht erkennt zu hohen Kraftstoffverbrauch als Mangel an
Rosenheim (ACE) 19. Februar 2013 – Liegt der Kraftstoffverbrauch eines Neuwagens mehr als zehn Prozent über den Herstellangaben im Verbrauchsprospekt, kann der Autobesitzer wegen Sachmangel vom Kaufvertrag zurücktreten. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Hamm entschieden (AZ: 28 U 94/12, 4 O 250/10).
Nach Angaben des Rosenheimer ACE Auto Club Europa Vertrauensanwaltes, Dr. Marc Herzog, hatte der Besitzer eines Renault Scénic Dynamique (2.0 16 V 140 CVT) wegen zu hoher Kraftstoffverbrauchswerte geklagt.
Der Verbrauch (kombiniert innerorts / außerorts) lag laut dem Gutachten eines Sachverständigen (TÜV-Nord) tatsächlich bei 8,5 Liter pro 100 Kilometer statt wie vom Hersteller behauptet, bei 7,7 Liter pro 100 Kilometer; das ist ein Mehrverbrauch von 10,3 Prozent.
Dr. Herzog begrüßte das mit ACE Rechtsschutz erstrittene Urteil. Zugleich machte der Der Verkehrsanwalt darauf aufmerksam, dass Rechtstreitigkeiten über Kraftstoffverbrauchswerte sehr aufwendig seien. Die Hersteller sichern sich schon ab und machen regelmäßig nicht unüberlegt Kraftstoffangaben. „Wer ohne Rechtschutz klagt, geht auch angesichts des Kostenaufwandes für ein Sachverständigengutachten ein sehr hohes Risiko ein“, gibt Dr. Herzog zu bedenken.
Hintergrund
In Zeiten steigender Spritpreise spielt der Kraftstoffverbrauch eines Wagens für den Verbraucher eine immer größere Rolle. Entsprechend sorgfältig werden die Prospektangaben des Herstellers geprüft und schnell wächst der Argwohn des Autokäufers, wenn er sich seine Tankquittungen etwas genauer ansieht und Anzeichen für einen Mehrverbrauch wittert.
Wer sich überhöhte Verbrauchswerte nicht einfach gefallen lassen will, hat einen steinigen – und teuren – Weg vor sich. Die Hersteller lassen meist nicht mit sich reden und schieben die beanstandeten hohen Verbrauchswerte dem individuellen Fahrverhalten des Käufers zu. Ohnehin könne man die unter genau festgelegten Laborbedingungen ermittelten Werte nicht mit dem vergleichen, was das Fahrzeug im Alltagsverkehr „schluckt“.
Die Gerichte kennen diese Argumente mittlerweile und geben sich damit nicht zufrieden. Sie lassen den tatsächlichen Verbrauch regelmäßig durch versierte Sachverständige ermitteln. So auch das OLG Hamm, das in seinem oben dargestellten Urteil vom 07.02.13 nach Einholung eines solchen Gutachtens dem Autokäufer recht gab.
In der Urteilsbegründung bestätigte es zwei Grundsätze, die der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in früheren Entscheidungen formuliert hat:
Zwei Grundsätze
1.
Ein verständiger Käufer weiß, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise des Nutzers abhängen und deshalb nicht mit Prospektangaben gleichgesetzt werden dürfen, die auf einem standardisierten Messverfahren beruhen.
2.
Weichen die vom Sachverständigen ermittelten Verbrauchswerte gegenüber dem im Verkaufsprospekt angegebenen (kombinierten) Verbrauchswert um mehr als zehn Prozent nach oben ab, ist die Erheblichkeitsschwelle überschritten und ein Rücktritt vom Vertrag möglich.
Da in dem entschiedenen Fall der Mehrverbrauch gegenüber den Prospektangaben 10,35 Prozent betrug, bekam der Kläger in 2. Instanz Recht. Dagegen konnten Händler/Hersteller mit all ihren fahrzeugtechnischen, letztlich aber nur vorgeschobenen Argumenten nichts ausrichten. Mit entscheidend war aber auch die Rechtsschutzversicherung, entstehen bei einem derartigen Rechtsstreit doch schnell Kosten in fünfstelliger Höhe. „Gerade im Verkehrsrecht ist eine Rechtsschutzversicherung mit ofmal nicht Recht mehr als 10 EUR / Monat bezahlbar, aber im Fall der Fälle jeden Cent Wert“, ergänzt der Fachanwalt für Verkehrsrecht Dr. Marc Herzog.
Weitere Infos auch unter www.drherzog.de