Trotz neuer gesetzlicher Regelung nur wenige E-Scooter legal
Rosenheim (ACE 04.04.2019) – Nach der Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung ist bei der Teilnahme am Straßenverkehr eine Allgemeine Betriebserlaubnis für E-Scooter nötig. Daher werden nur wenige Modelle legal auf den Straßen unterwegs sein.
Neues Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr
Die jetzt durch die EU-Kommission notifizierte und durch das Bundeskabinett verabschiedete Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr ist aus Sicht des ACE, Deutschlands zweitgrößtem Autoclub, für den Verbraucher eine „Mogelpackung“: Bis auf einige wenige Modelle sind und bleiben nahezu sämtliche derzeit im Umlauf befindliche Elektrokleinstfahrzeuge (EkF), Monowheels, elektrische Skateboards und vor allem die einfachen E-Scooter illegal auf den Straßen unterwegs.
Allgemeine Betriebserlaubnis nötig
Ausnahmen bilden lediglich Produkte einiger weniger Hersteller, die bereits jetzt die Bedingungen für die Allgemeine Betriebserlaubnis erfüllen. „Die Aussage, dass elektrische Roller somit bald legal im Straßenverkehr unterwegs sind, stimmt somit nur zum kleinen Teil“, erläutert Dr. Marc Herzog, Pressesprecher des ACE. „Der Großteil der bereits erworbenen elektrischen Roller wird auch nach in Kraft treten der Verordnung nicht die vorgeschriebenen Anforderungen erfüllen und darf somit ausschließlich auf privatem Gelände genutzt werden“.
Unbedingt bei Kauf auf Betriebserlaubnis achten
Für den Verbraucher bedeutet das, um künftig legal mit einem elektrischen Roller im Straßenverkehr unterwegs sein zu können, muss bereits beim Kauf darauf geachtet werden, dass nur Modelle bzw. Fahrzeuge erworben werden, für die durch das Kraftfahrt-Bundesamt eine Allgemeine Betriebserlaubnis bzw. eine Einzelbetriebserlaubnis erteilt worden ist.
Elektrokleinstfahrzeuge können aus Sicht des Rosenheimer Rechtsanwalts sinnvoll das vorhandene Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) auf der ersten und letzten Meile ergänzen. Aber: Derzeit gibt es hinsichtlich der Mitnahme der klappbaren E-Roller im ÖPNV noch große Fragezeichen, da die Beförderungsbedingungen einiger Verkehrsunternehmen die Mitnahme von versicherungspflichtigen Fahrzeugen ausschließt. „Momentan gibt es keine rechtliche Gewissheit über die Mitnahmemöglichkeit der E-Scooter in Bus und Bahn“, fasst Herzog zusammen. Deshalb fordert der ACE die Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen auf, die Mitnahmemöglichkeit in ihren Beförderungsbedingungen schnellstmöglich festzuschreiben.
Für das sichere Nebeneinander neuer und bewährter Mobilitätsformen sei der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere der Radwege, zwingend notwendig, ebenso wie das faire und rücksichtsvolle Miteinander aller Verkehrsteilnehmer.
Hier ein Überblick über die wichtigsten Neuerung:
Regelungen der Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung
„Elektrokleinstfahrzeuge“ mit elektromotorischem Antrieb werden zum öffentlichen Straßenverkehr zugelassen, wenn sie folgenden technischen Anforderungen entsprechen:
- Lenk- oder Haltestange,
- elektrischer Antrieb,
- mindestens 6 km/h bis maximal 20 km/h bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit,
- Leistungsbegrenzung auf 500 Watt (1400 Watt bei selbstbalancierenden Fahrzeugen),
- Gesamtbreite von nicht mehr als 700 mm, Gesamthöhe von nicht mehr als 1400 mm und eine Gesamtlänge von nicht mehr als 2000 mm und eine maximale Fahrzeugmasse ohne Fahrer von nicht mehr als 55 kg
- Erfüllung fahrdynamischer Mindestanforderungen (zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen, Beleuchtung & Reflektoren, „helltönende“ Glocke etc.).
Wer darf Elektrokleinstfahrzeuge führen?
Zum Führen eines Elektrokleinstfahrzeugs mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von weniger als 12 km/h sind Personen berechtigt, die das 12. Lebensjahr vollendet haben. Zum Führen eines Elektrokleinstfahrzeugs mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h sind Personen berechtigt, die das 14. Lebensjahr vollendet haben.
Pflicht zur Nutzung der Radwege
Elektrokleinstfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 12 km/h müssen auf Radwegen und Fahrradstraßen fahren. Wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf Fahrbahnen oder in verkehrsberuhigten Bereichen (Zeichen 325.1 der Anlage 3 zur Straßenverkehrsordnung) gefahren werden. Modelle mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von weniger als 12 km/h dürfen auf Fußwegen bzw. Gehwegen, auf gemeinsamen Geh- und Radwegen und in Fußgängerzonen gefahren werden. Wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf baulich angelegten Radwegen, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen gefahren werden, und wenn solche nicht vorhanden sind, darf man auf Fahrbahnen oder in verkehrsberuhigten Bereichen unterwegs sein.
Keine Zulassungspflicht aber Versicherungspflicht
Es besteht zwar keine Zulassungs- aber dafür eine Versicherungspflicht. Für die Fahrzeuge ist die Einführung einer Versicherungsplakette zum Aufkleben vorgesehen.
Keine Helmpflicht
Eine Helmpflicht besteht nicht. Dr. Herzog: „Auch wenn keine unmittelbar gesetzlich geregelte Helmpflicht besteht, empfehle ich doch jedem Nutzer dringend, einen Helm zu tragen! Der Kopf ist eines der mächtigsten Körperteile und sollte entsprechend geschützt werden, denn gerade mit den Kleinstfahrzeugen besteht ein erhebliches Verletzungsrisiko!“
Wichtig für Verbraucher: Alle Modelle ohne Lenkstange, zum Beispiel Hoverboards und E-Skateboards, sind in der Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung noch nicht enthalten.
Dr. Marc Herzog, Rechtsanwalt
www.drherzog.de