Und wieder eine klarstellende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Hausdurchsuchung
Tatverdacht muss konkret und nicht nur eine Spekulation sein!
An sich klar und nichts Neues ist der Beschluss des Verfassungsgerichtes vom 13.03.2014. Die Praxis verfährt jedoch allzu oft anders! Wie schnell wird ein Durchsuchungsbeschluss unterschrieben, ohne dass man sich Gedanken zur Rechtmäßigkeit und den Voraussetzungen für eine Durchsuchung gemacht hat. Der Beschluss des BVerfG vom 13.03.2014 wiederholt nochmal deutlich, was sich ein Amtsrichter immer wieder vor Unterzeichnung einer Durchsuchungsanordnung vergegenwärtigen sollte. Die Entscheidung ist daher auch oder gerade für Amtsrichter lesenswert. “ 1. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 und Abs. 2 GG. 16 a) Mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG erfährt die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen einen besonderen grundrechtlichen Schutz, in den mit einer Durchsuchung schwerwiegend eingegriffen wird (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>). Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zwecke der Strafverfolgung ist daher der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. 17 Dieser Verdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen; vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. BVerfGE 44, 353 <371 f.>; 115, 166 <197 f.>). Eine Durchsuchung darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzen einen Verdacht bereits voraus (vgl. BVerfGK 8, 332 <336>; 11, 88 <92>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 – 2 BvR 15/11 -, juris, Rn. 14). Notwendig ist, dass ein auf konkrete Tatsachen gestütztes, dem Beschwerdeführer angelastetes Verhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 – 2 BvR 1774/10 -, juris, Rn. 25). Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>). 18 Der für die vorherige Gestattung des mit der Durchsuchung verbundenen Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung oder dessen nachträgliche Kontrolle zuständige Richter hat den Verdacht eigenverantwortlich zu prüfen und dabei die Interessen des Betroffenen angemessen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG 103, 142 <151>). Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ist nur geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der einfach-rechtlichen Bestimmungen über die prozessualen Voraussetzungen des Verdachts (§ 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO) als Anlass für die strafprozessuale Zwangsmaßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Betroffenen beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 ff.>). Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung des von den Fachgerichten angenommenen Verdachts ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 95, 96 <128>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. April 2004 – 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03 -, juris, Rn. 5). 19 b) Nach diesen Maßstäben werden die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Stuttgart vom 7. November 2011 und des Landgerichts Stuttgart vom 29. März 2012 den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Die Anordnung der Durchsuchung der Wohnräume gemäß § 102 StPO hätte die Darlegung eines Verhaltens des Beschwerdeführers erfordert, aus dem sich der hinreichend konkrete Verdacht einer von ihm als Täter oder Teilnehmer begangenen Straftat ergibt. Dem genügen die angegriffenen Beschlüsse nicht. Die ihnen zugrunde liegende Annahme des Verdachts einer Beteiligung des Beschwerdeführers (…) beruht nicht auf konkreten Tatsachen, sondern auf allenfalls vagen Anhaltspunkten und bloßen Vermutungen. 20 (…) 21 bb) Für eine Beteiligung des Beschwerdeführers (…) werden sonstige hinreichend konkrete Anhaltspunkte von den Fachgerichten nicht genannt: 22 (1) Insbesondere ergeben sich solche nicht aus (…). (…) Auch insoweit beruhen die angegriffenen Beschlüsse auf bloßen Vermutungen, die nicht auf konkrete tatsächliche Anhaltspunkte gestützt sind. (…) cc) Erst recht fehlt es an der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für eine Beteiligung des Beschwerdeführers (…) 29 dd) Da die Durchsuchung der Wohnräume des Beschwerdeführers aufgrund § 102 StPO ausschließlich auf den Verdacht einer gemeinschaftlich begangenen Bestechung gemäß § 334, § 25 Abs. 2 StGB gestützt wurde, kann vorliegend sowohl dahinstehen, ob ein hinreichender Anfangsverdacht hinsichtlich sonstiger Delikte in Betracht kam, als auch, ob eine Durchsuchung der Wohnräume des Beschwerdeführers gemäß § 103 StPO hätte erfolgen können. 30 2. Der Beschluss des Landgerichts Stuttgart ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht Stuttgart zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).“ Auch der Rechtsanwalt ist berufen regelmäßig die Praxis des Gerichts in Frage zu stellen und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen gründliche zu prüfen. www.drherzog.de Quelle: Bundesverfassungsgericht https://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20140313_2bvr097412.html