Schadenersatz Flugverspätung: Lufthansa gibt bereits im „Vorfeld“ auf!
Schadensersatz für Passagier über 250 EUR wegen Flugverspätung von mehr als drei Stunden auf Flug von Düsseldorf nach München
Nach zwei außergerichtlichen Schreiben und Klageerhebung gab die Deutsche Lufthansa AG auf und bezahlte die nach der Fluggastrechteverordnung der EG (VO 261/2004) zustehende Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro. Nun kann die Fluggesellschaft noch die ganzen Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten zahlen.
Sachverhalt:
Die Klägerin buchte am 09.09.2010 bei der Beklagten als Luftfahrtunternehmerin einen Lufthansaflug von Düsseldorf nach München.
Die planmäßige Abflugzeit in Düsseldorf lag bei 17:05 Uhr mit Ankunftszeit 18:45 Uhr in München.
Aufgrund von angeblich technisch bedingter Flugunregelmäßigkeit, kam es zu einer Umbuchung der Klägerin auf einen späteren Flug der Lufthansa mit einer planmäßigen Abflugzeit 20: 50 Uhr in Düsseldorf. Die Klägerin erreicht mit knapp vierstündiger Verspätung ihren Zielort München.
In der zuvor außergerichtlichen Korrespondenz mit der Deutschen Lufthansa AG, zeigte sich das Unternehmen zunächst uneinsichtig und verweigerte der späteren Klägerin beharrlich, die ihr zustehende Ausgleichszahlung nach Art. 7 Absatz 1 Buchstabe a der Fluggastrechteverordnung (EG) 261/2004.
Rechtslage:
Art. 6 der Verordnung regelt in Fällen der Verspätung, dass lediglich sog. Unterstützungsleistungen in Form von Betreuungsleistungen gem. Art. 9 der Verordnung seitens des Flugunternehmens durchgeführt werden müssen. In Ausnahmefällen kann bei einer Verspätung von mehr als 5 Stunden ein Anspruch auf Erstattung des Flugscheins oder eine anderweitige gleichwertige Beförderung gewährt werden.
Eine Anwendung des Art. 7 der Verordnung auch in Fällen von Verspätungen und nicht lediglich in Fällen der Flugannullierungen ist aber unter dem Aspekt des Verbraucherschutzes gerechtfertigt. Fluggäste von verspäteten Flügen werden den Fluggästen von annullierten Flügen dann gleichgestellt, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von 3 Stunden oder mehr erleiden (Urteil EuGH v. 19.11.2009 EuZW 2009, 890ff.)
Nach Art. 5 Absatz 3 der Fluggastrechteverordnung wäre das ausführende Luftfahrtunternehmen zur Leistung von Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 nur dann nicht verpflichtet, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Solche Umstände können insbesondere bei politischer Instabilität, mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwarteten Flugsicherheitsmängeln und den Betrieb eines ausführenden Luftfahrtunternehmens beeinträchtigenden Streiks eintreten (EuGH v. 22.12.2008 Az.: 549/07).
Tritt hingegen ein technisches Problem im Rahmen der Flugabwicklung auf, das zur Annullierung eines Fluges führt, ist dies von den „außergewöhnliche Umständen“ im Sinne dieser Bestimmung nicht mehr gedeckt, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens sind und von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen sind.
Im Ergebnis erklärt sich die Lufthansa AG noch vor Entscheidung über die Klage bereit, die Ausgleichszahlung an die Klägerin zu leisten.
An diesem Beispiel zeigt sich wieder einmal, dass sich Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit durchaus für den Kläger lohnen kann, auch wenn es vermeintlich gegen die „Großen“ in der Branche geht.
Jürgen Liebhart
Rechtsreferendar
für Dr. Herzog Rechtsanwälte
Weitere Infos unter www.drherzog.de