Quotenvorrecht bei Vollkaskoschäden
Auch bei einem Mitverschulden kann ein Unfallschaden voll ersetzt werden.
Bei einem Verkehrsunfall mit Mitverschuldensanteilen mehrerer Unfallbeteiligter hat ein Beteiligter, dessen Pkw vollkaskoversichert ist, Ansprüche sowohl gegen die eigene Kasko-, als auch gegen den anderen Unfallbeteiligten und die gegnerische Haftpflichtversicherung.
Die Ansprüche gegen die eigene Kaskoversicherung richten sich grundsätzlich nach den vertraglich vereinbarten Versicherungsbedingungen, die Ansprüche gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung nach der Mitverschuldensquote des anderen Unfallbeteiligten. Die eigene Kaskoversicherung zahlt im Rahmen der Versicherungsbedingungen einen Teil des Sachschadens. Viele Positionen werden von der Kaskoversicherung nicht ersetzt. So bezahlt die Vollkasko regelmäßig nie Mietwagenkosten / Nutzungsausfallentschädigung, Unfallkostenpauschale, Fahrtkosten etc. – Durch eine geschickte Kombination der Inanspruchnahme der eigenen Vollkaskoversicherung und der gegnerischen Haftpflichtversicherung kann ein Geschädigter auch bei einem Mitverschulden oftmals auf eine vollständige Erstattung aller Schäden kommen.
Bei der Berechnung des Schadens nach dem Quotenvorrecht unterscheidet man zwischen sog.kongruenten und nicht kongruenten Schäden.
Bezüglich der sog. kongruenten, also unmittelbaren Schadenspositionen am Unfallfahrzeug (z.B. Reparaturkosten, Abschleppkosten, Sachverständigenkosten, merkantiler Minderwert) ergibt sich aber nach den Grundsätzen des Quotenvorrechts eine abweichende Berechnung zum Vorteil des Vollkaskoversicherten. Dadurch kann auch bei einem erheblichen Mitverschulden eine fast vollständige Regulierung des entstandenen Schadens erreicht werden.
Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:
1. Zunächst muss der Gesamtbetrag aller kongruenten Schäden ermittelt werden. Daraus wird auf Grund der Mitverschuldensquote des Unfallgegners die Höchstgrenze der Ersatzpflicht der gegnerischen Haftpflichtversicherung ermittelt.
Beispiel: Summe aller kongruenten Schäden: 10.000,00 €
Mitverschuldensquote des Gegners: 50%
Die gegnerische Haftpflichtversicherung haftet mit höchstens 5.000,00 €
2. Als weiterer Schritt wird dann der von der Vollkaskoversicherung übernommene Betrag von der Gesamtsumme der kongruenten Schäden abgezogen.
Beispiel: Die Vollkaskoversicherung übernimmt 8.000 €.
Von den kongruenten Schaden bleiben daher zunächst als Differenz 2.000 € offen.
Der verbleibende Betrag muss dann bis zur zuvor errechneten Höchstgrenze von der gegnerischen Haftpflichtversicherung übernommen werden.
Beispiel: Der verbleibende Betrag in Höhe von 2.000 € ist geringer als der Höchsthaftungsbetrag der Haftpflichtversicherung in Höhe von 5.000 € (vgl. Ziffer 1). Daher muss die gegnerische Haftpflichtversicherung 2.000 € zahlen.
In diesem Bespiel können daher die gesamten kongruenten Schäden reguliert werden und das trotz eines eigenen Mitverschuldens von 50 %.
3. Für alle nicht bevorrechtigten (kongruenten) Schadenspositionen wie z.B. Mietwagenkosten, Unkostenpauschale, Fahrtauslagen, Verschrottungskosten sowie dem Rückstufungsschaden durch die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung haftet allein die gegnerische Haftpflichtversicherung entsprechend der Mitverschuldensquote ihres Versicherungsnehmers.
Beispiel: Die Summe der nichtkongruenten Schadenspositionen beträgt 4.000 €. Die gegnerische Haftpflicht hat davon 50 %, also 2.000,00 € zu tragen.
Die Abrechnung ist oftmals komplex. Daher sollten sie einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt konsultieren. Dieser wird ihre Interessen bestmöglich vertreten und für eine größtmögliche Durchsetzung ihrer Zahlungsansprüche sorgen.