Verkehrsrecht: Punktesystem – beim Abbau von Punkten nach dem Mehrfachtätersystem gilt das Tattagsprinzip
Jeder Autofahrer kennt die „Verkehrssünderkartei in Flensburg“. Zugrunde liegt hier ein vom Gesetzgeber geschaffenen Punktesystem zum Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die von wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßenden Fahrzeugführern und -haltern ausgehen.
Wie ist nun die Staffelung bei Punkteauffälligkeiten?
§ 4 Absatz 3 des Straßenverkehrsgesetzes sieht vor:
„Die Fahrerlaubnisbehörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen (Punktsystem) zu ergreifen:
1.
Ergeben sich acht, aber nicht mehr als 13 Punkte, so hat die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen schriftlich darüber zu unterrichten, ihn zu verwarnen und ihn auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem Aufbauseminar nach Absatz 8 hinzuweisen.
2.
Ergeben sich 14, aber nicht mehr als 17 Punkte, so hat die Fahrerlaubnisbehörde die Teilnahme an einem Aufbauseminar (…) anzuordnen und hierfür eine Frist zu setzen. Hat der Betroffene innerhalb der letzten fünf Jahre bereits an einem solchen Seminar teilgenommen, so ist er schriftlich zu verwarnen. Unabhängig davon hat die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen schriftlich auf die Möglichkeit einer verkehrspsychologischen Beratung nach Absatz 9 hinzuweisen und ihn darüber zu unterrichten, dass ihm bei Erreichen von 18 Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird.
3.
Ergeben sich 18 oder mehr Punkte, so gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen; die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen.“
Durch gezielte Nachschulungen und Seminare können Punkte zeitnah abgebaut werden.
Nehmen Fahrerlaubnisinhaber vor Erreichen von 14 Punkten an einem Aufbauseminar teil und legen sie hierüber der Fahrerlaubnisbehörde innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Seminars eine Bescheinigung vor, so werden ihnen bei einem Stand von nicht mehr als achtPunkten vier Punkte, bei einem Stand von neun bis 13 Punkten zwei Punkte abgezogen. Hat der Betroffene nach der Teilnahme an einem Aufbauseminar und nach Erreichen von 14 Punkten, aber vor Erreichen von 18 Punkten an einer verkehrspsychologischen Beratungteilgenommen und legt er hierüber der Fahrerlaubnisbehörde innerhalb von drei Monaten nach Beendigung eine Bescheinigung vor, so werden zwei Punkte abgezogen; dies gilt auch, wenn er nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 an einer solchen Beratung teilnimmt.
Der Besuch eines Seminars und die Teilnahme an einer Beratung führen jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punkteabzug. Für den Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich. Ein Punkteabzug ist nur bis zum Erreichen von null Punkten zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BVerwG, Entscheidungen vom 25.9.2008, Az.: 3 C 3.07 und 3 C 34/07; BayVGH, Entscheidung vom 2.3.2010 Az.: 11 CS 09.2446 und vom 21.6.2010, Az.: 11 CS 10.377) stehen mit der herrschenden Auffassung auf dem Standpunkt, dass es für den o.g. Zeitpunkt für den Punktestand und den davon abhängenden Punkteabzug ausschließlich darauf ankommt, welche mit Punkten zu bewertenden Verkehrsverstöße der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung begangen hat (sog. „Tattagsprinzip“). Es ist nicht erforderlich, dass diese Verstöße zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig geahndet sind.
18 oder mehr Punkte ergeben sich i.S.d. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG bereits durch das Begeheneines Verkehrsverstoßes, der zum Erreichen oder Überschreiten der 18-Punkte-Grenze führt, sofern der Verkehrsverstoß später rechtskräftig geahndet wird.
Punktetilgungen, die nach dem für das Erreichen oder Überschreiten der 18 – Punkte – Schwelle maßgeblichen Tattag erfolgen, bleiben auf die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne Folgen.
Für auffällige Kraftfahrer bedeutet das, bei vollem Punktekonto rechtzeitig die Bremse zu ziehen. Alkohol-, Drogen – oder Temposünder können aktiv gegensteuern.
Wer 8 Punkte erreicht hat, kann diesen Stand mit einem „Besonderen Aufbauseminar“ (z.B. NAFA Plus bei TÜV SÜD Pluspunkt) um 4 Punkte reduzieren, also halbieren, wenn die Einträge von einer Alkohol – oder Drogenfahrt stammen. Für Autofahrer mit einem Punktestand zwischen 9 und 13 Punkten bringt ein NAFA-Plus Aufbauseminar 2 Punkte weniger. Wenn der „Kontostand“ zwischen 14 und 17 Punkten und damit schon im kritischen Bereich liegt, hilft nur noch die Verkehrspsychologische Beratung. Hier können die Teilnehmer ein Minus von 2 Punkten erzielen.
Oft besteht allerdings Unkenntnis über die Möglichkeiten zum Punkteabbau.
Es nutzen noch viel zu wenig Autofahrer die Möglichkeiten. Fragen Sie Dr. Herzog Rechtsanwälte zeitnah zu Strategien, Ihren Führerschein zu bewahren.