Was tun bei falschen Anschuldigungen im Straßenverkehr?
Rosenheim (ACE 12.04.2019) – Wer sich an die Verkehrsregeln hält, muss weder Bußgeldbescheide noch Punkte in Flensburg oder den Führerscheinentzug fürchten – so die Theorie. In der Praxis kommen Falschanschuldigungen im Straßenverkehr leider aber recht häufig vor: ob durch fehlerhafte Technik, übereifrige Ordnungshüter oder Missverständnisse hinterm Steuer.
Falsches Knöllchen, fehlerhafter Blitzer oder Unfallflucht – Ihre Rechte und Pflichten
Welche Rechte und Pflichten haben Sie? Dr. Marc Herzog, Strafverteidiger und Vertrauensanwalt des ACE, Deutschlands zweitgrößter Autoclub, informiert, inwiefern Verkehrsteilnehmer ihr Recht im Straßenverkehr geltend machen und gegen Falschanzeigen vorgehen können.
Strafzettel – trotz korrekten Parkens
„Am besten gleich Beweisfotos machen, gleich ob Unfall oder andere Situation im Straßenverkehr“, rät der Anwalt. Wer die Parkuhr korrekt eingestellt beziehungsweise sein Parkticket ordnungsgemäß gelöst hat, und trotzdem einen Strafzettel kassiert, lässt am besten Beweismittel für sich sprechen: Fotos von der Situation vor Ort und Kontaktdaten von Zeugen können helfen, gegen die unbegründete Zahlungsaufforderung vorzugehen. Aber Achtung: Viele Rechtschutzversicherer übernehmen die Kosten nicht, wenn ein Verstoß im ruhenden Verkehr begangen worden sein soll. „Bereits vor Vertragsabschluss der Verkehrsrechtschutzversicherung sollte geprüft werden, ob solche Fälle mit der Police abgedeckt sind“, empfiehlt Dr. Marc Herzog.. Im Zweifelsfall kann der Einspruch über den Anhörungsbogen auch auf eigene Kosten eingelegt und begründet werden. Wichtig dabei ist, dies innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des „Knöllchens“ zu tun.
Geblitzt – ohne Überschreitung des Tempolimits
Zeigt das Blitzerfoto ein fremdes Fahrzeug oder einen anderen Fahrer, ist der Fall klar: Jetzt heißt es, zügig Einspruch einlegen, indem der Anhörungsbogen des Bußgeldbescheids an die ausstellende Behörde zurückschickt wird. Wer tatsächlich hinterm Steuer saß, aber zu Unrecht geblitzt wurde, kann dem ebenso widersprechen, sobald der Bußgeldbescheid vorliegt. Ist dieser jedoch noch unterwegs und der Beschuldigte abwesend, sollten Betroffene dafür sorgen, dass der Briefkasten regelmäßig geleert wird. Denn auch hier muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung reagiert werden.
Nötigungsvorwurf – bei regelkonformem Verhalten
Defensives Fahrverhalten kann Nötigungsbeschuldigungen vorbeugen, aber Missverständnisse und Verwechslungen nicht ausschließen. Wer sich falschen Anschuldigungen ausgesetzt sieht, zum Beispiel wegen vermeintlichen Drängelns, Ausbremsens oder einer unangemessenen Geste hinterm Steuer, sollte zunächst Ruhe bewahren: Die Polizei muss Ermittlungen zum vorgeworfenen Sachverhalt anstellen. Ergeben die Untersuchungen, dass der Vorwurf unbegründet ist, wird sie das Verfahren einstellen. Einen versierten Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger an der Seite zu haben, lohnt sich. Denn im schlimmsten Fall droht durch den Vorwurf der Nötigung nicht nur der Entzug der Fahrerlaubnis sondern auch eine Freiheitsstrafe.
Unfallflucht – als Beschuldigter Schweigerecht nutzen
Vorsicht einer angeblichen Unfallflucht: Der Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort, beispielsweise nach einem angeblichen Parkrempler mit Sachschaden an einem anderen Pkw, sieht einen Strafrahmen nach dem Strafgesetzbuch von Geldstrafe, bis sogar Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedeuten. Für viele noch einschneidender: Bei einem Unfall mit einem Personenschaden oder „bedeutendem Schaden“ an fremden Sache droht der Entzug der Fahrerlaubnis, der Einzug des Führerscheins und eine Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis. „Wichtigster Grundsatz als Beschuldigter ist: Wenn man noch vor Ort – beispielsweise nach dem Einkauf auf dem Parkplatz mit der Anschuldigung konfrontiert wird – sollten Betroffene keine Aussagen treffen und von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Zudem sollte sich der Verkehrsteilnehmer umgehend anwaltliche Unterstützung von einem Strafverteidiger holen“, erläutert Dr. Herzog. – „Gerade bei diesem Delikt wird oftmals vorschnell etwas zugegeben. In vielen Fällen hat der Unfallbeteiligte tatsächlich aber gar nichts von dem Schaden bemerkt oder bemerken können! Hier kann ein Sachverständigengutachten Aufschluss über die Bemerkbarkeit des Unfalles geben!“
Verkehrsrechtschutz schützt vor Anwalts- und Prozesskosten
Schuldig oder nicht, spätestens wenn Punkte in Flensburg oder gar der Führerschein auf dem Spiel stehen, empfiehlt der ACE-Vertrauensanwalt Betroffenen, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht hinzuzuziehen. „Nur ein Anwalt kann Einsicht in die Akte zum jeweiligen Fall erhalten und so entscheidende Details der Vorwürfe in Erfahrung bringen“, so der ACE-Rechtsexperte. Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung schützt vor Anwalts- und Prozesskosten vor allem bei langwierigen Verfahren. Juristische „erste Hilfe“ per Telefon erhalten ACE-Mitglieder bei den Vertrauensanwälten kostenlos. Zudem – so Dr. Herzog – gibt es auch Anbieter bei einer Rechtsschutzversicherung, die diese sogar rückwirkend abschließen lassen. Fragen Sie am besten hierzu Ihren Verkehrsanwalt.
Dr. Marc Herzog, Vertrauensanwalt des ACE Auto Club Europa
Pressesprecher ACE Kreis Chiemseer Land