Führerschein auf Probe: Was passiert, wenn mal was passiert?
Wann gilt die Probezeit und wie lange läuft sie?
Beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis bekommt der Fahrerlaubnisinhaber den „Führerschein auf Probe“. Es gilt eine „Probezeit“ von 2 Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Erteilung an. Die Probezeit endet vorzeitig, wenn dem Inhaber der Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis entzogen wird oder der Inhaber auf die Fahrerlaubnis verzichtet. In diesem Fall beginnt dann aber mit der Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis eine neue Probezeit. Die Probezeit läuft dann aber nur für den Umfang der Restdauer der vorherigen Probezeit. Die bis 31.12.2010 gesetzlich vorgesehene Möglichkeit einer Verkürzung der Probezeit um ein Jahr bei Inhabern einer Fahrerlaubnis der Klasse B durch Absolvieren einer freiwilligen Fortbildung wurde mittlerweile leider abgeschafft.
Was passiert, wenn ich mit einem Führerschein auf Probe „geblitzt“ werde?
Wenn während der Probezeit gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe erstmals eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit rechtskräftig verhängt wird, die in das sogenannte Fahreignungsregister (früher auch „Verkehrszentralregister“ genannt, im Volksmund „Punktesünderkartei in Flensburg“) eingetragen wird, ist die Fahrerlaubnisbehörde an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und hat gegenüber dem Fahrerlaubnisinhaber die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen und hierfür eine Frist zur Erledigung zu setzen. Alle Ordnungswidrigkeiten mit mehr als 55 EUR Geldbuße werden in das Fahreignungsregister eingetragen.
Also alles, was Punkte gibt, kommt in die Kartei nach Flensburg. Diese erste Maßnahme wird dann durchgeführt, wenn eine schwerwiegende (sog. „A-Verstoß“) oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen (sog. „B-Verstoß“) begangen worden sind. Die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar erfolgt durch die Fahrerlaubnisbehörde in Schriftform unter Angabe der Verkehrszuwiderhandlungen, die zu der Anordnung geführt haben. Die Erledigungsfrist muss angemessen sein. Bei der Anmeldung zu einem Aufbauseminar hat der Fahrerlaubnisinhaber die schriftliche Anordnung dem Leiter vorzulegen.
Was ist eine schwerwiegende Zuwiderhandlung?
Was eine schwerwiegende bzw. weniger schwerwiegende Zuwiderhandlung ist, regelt die Anlage 12 zu § 34 FeV.
Straftaten, wie z.B. das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, die fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung, Nötigung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Gefährdung des Straßenverkehrs, Trunkenheit im Verkehr, Vollrausch und unterlassener Hilfeleistung sowie auch Ordnungswidrigkeiten, denen z.B. ein Verstoß gegen Vorschriften zum Rechtsfahrgebot, der Geschwindigkeit, den Abstand, das Überholen, Vorfahrt, Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren usw. zu Grunde liegt, sind als schwerwiegende Zuwiderhandlungen anzusehen.
Achtung: Handyverstoß ist auch schwerwiegende Zuwiderhandlung
Aber Vorsicht:
Fahrerlaubnisinhaber müssen bei einem „Handyverstoß“ innerhalb der Probezeit mit bösen Folgen rechnen. Ein Verstoß gegen „die sonstigen Pflichten des Fahrzeugführers in Bezug auf den Betrieb eines elektronischen Gerätes gem. § 23 I a) StVG gilt hierbei als „A-Verstoß“. Ein solcher hat die Verlängerung der Probezeit um weitere 2 Jahre, also auf vier Jahre sowie die zwingende Teilnahme an einem Aufbauseminar zur Folge.
Wann verlängert sich die Probezeit?
Wenn die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet worden ist, verlängert sich nach dem Gesetz automatisch die Probezeit um weitere 2 Jahre, also auf 4 Jahre. Die Probezeit verlängert sich auch dann um 2 Jahre, wenn die Anordnung nur deshalb nicht erfolgt ist, weil zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden ist oder der Inhaber der Fahrerlaubnis zuvor freiwillig auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat.
Was passiert, wenn ich nicht zum Aufbauseminar gehe?
Kommt der Fahrerlaubnisinhaber einer vollziehbaren Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist nach, ist die Fahrerlaubnis gleichsam zwingend nach dem Gesetz zu entziehen.
Was passiert bei weiteren Zuwiderhandlungen?
Wenn nach Teilnahme an einem Aufbauseminar innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen worden sind, ist der Fahrerlaubnisinhaber nach dem Gesetz schriftlich zu verwarnen. Ihm ist nahezulegen, innerhalb von 2 Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen.
Wenn nach Ablauf der gesetzten Frist von 2 Monaten zur Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung dann innerhalb der Probezeit eine weitere schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen worden sind, hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Ein Ermessen besteht hierbei nicht.
Kann ich mich noch darauf berufen, dass die alten Entscheidungen zu Unrecht ergangen sind?
Sobald Entscheidungen bei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten die im Verkehrszentralregister eingetragen werden rechtskräftig sind, ist die Fahrerlaubnisbehörde auch an die rechtskräftige Entscheidung gebunden. Hier kann mit dem Argument, man habe die Tat der nicht begangen und den Strafbefehl/Bußgeldbescheid einfach so akzeptiert nicht mehr gegen die Entscheidung vorgegangen werden.
Wann bekomme ich einen neuen Führerschein nach dem Entzug?
Ist dann schlussendlich wegen der mehrfachen Zuwiderhandlungen die Fahrerlaubnis entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens 3 Monate nach Wirksamkeit der Fahrerlaubnisentziehung wieder neu erteilt werden. Die Dreimonatsfrist beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins.
Was passiert bei neuen Zuwiderhandlungen nach Neuerteilung?
Wird dann nach Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis innerhalb der neuen Probezeit erneut eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen, fordert die zuständige Fahrerlaubnisbehörde „in der Regel“ die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung.
Unser Tipp:
Gerade für Fahranfänger, die einen Führerschein auf Probe besitzen, ist es besonders wichtig, sich an die Verkehrsregeln zu halten. Sollte dann einmal etwas passieren, sollte zeitnah nach dem Vorwurf anwaltlicher Rat eingeholt werden. Oft kann im Verfahren für den Fahranfänger eine gute Lösung herbeigeführt werden, so dass es gar nicht mehr zu Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde mehr kommen muss. Ist aber einmal eine Entscheidung rechtskräftig, wird die Verlängerung der Probezeit kaum mehr anzuwenden sein.
Über den Autor:
Rechtsanwalt Dr. jur. Marc Herzog. LL.M. ist Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er ist bundesweit tätig und hilft in den Bereichen Strafrecht, Verkehrsrecht und Versicherungsrecht v.a. auch im Bußgeldrecht, bei Unfallregulierungen und Führerscheinproblemen professionell. Dr. Herzog ist Master of Laws (LL.M.) im Verkehrs-, Straf- und Versicherungsrecht.
mehr Infos unter:
www.drherzog.de