Darf ich einen Pozeibeamten filmen?
Darf ich Polzeibeamte filmen?
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte schon am 24.07.2015 (1 BvR 2501/13) klargestellt, dass die bloße Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen von Polizeieinsätzen im Kontext mit öffentlichen Versammlungen keine unerlaubte Handlung darstellt. Dies ist aber kein Freibrief für jede Aufnahme polizeilicher Maßnahmen.
Ein aktueller Fall in der Kanzlei zu der Frage, ob man Polizeibeamte bei ihrer Tätigkeit filmen darf, hatte für die Betroffenen aber ein Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht nach sich gezogen.
Was war geschehen?
Es sollte am späteren Nachmittag aufgrund einer nur mündlichen richterlichen Anordnung eine Durchsuchung des Zimmers des jüngsten Sohnes des Hausinhabers durchgeführt werden. Die Polizeibeamten konnten einen schriftlichen Durchsuchungsbeschluss nicht vorlegen. Nachdem es mit dem Vater und den Beamten zu einer Diskussion auch zur Rechtmäßigkeit der geplanten Durchsuchung kam fertigte der weitere Sohn und die Mutter ihrem Handy Ton- und Bildaufnahmen an. Es wurden auch einzelne polizeiliche Handlungen gefilmt, u.a. die Polizeibeamten beim Vollzug der Maßnahme. Allerdings wurden die Polizeibeamten nicht heimlich sondern gut sichtbar aufgenommen.
Dies führte zu einem Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß §§ 201 I 1 Nr. 1, 205 I 1 StGB.
Angeblich wurde unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufgenommen.
Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes?
Werden Polizeibeamte heimlich gefilmt, kann strafrechtlich jedenfalls der Tatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes, § 201 StGB erfüllt sein.
Der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm eine unbefangene mündliche Kommunikation schützen. Jeder soll über den Empfängerkreis seiner Äußerungen grundsätzlich selbst bestimmen können. Ein besonderer Persönlichkeitsbezug des Gesprochenen ist daher nicht Voraussetzung. Es kommt nur auf die „Nichtöffentlichkeit“ der Sprechsituation in der die Äußerung erfolgt an.
Werden z.B. Gespräche zwischen den Polizeibeamten aufgenommen, kann „Nicht-Öffentlichkeit“ vorliegen obwohl die polizeiliche Maßnahme bzw. der jeweilige Kontakt zu den Polizeibeamten an sich “öffentlich” stattfindet. Diese aufgenommenen Sequenzen können dann ggf. dem Straftatbestand des § 201 StGB unterfallen.
Entscheidung des LG München I
Das LG München I sah in einer Entscheidung vom 11.02.2019, Aktenzeichen 25 Ns 116 Js 165870/17 den Tatbestand des § 201 I Nr. 1 StGB als erfüllt an. Zugrunde lag dort, dass bei einer öffentlichen Demonstration eine Polizeimaßnahme gefilmt wurde. Dort wurde auch die Unterhaltung einer Polizeibeamten mit einer Gegendemonstrantion gefilmt. Nach Auffassung der 25. Kleinen Berufungskammer des LG München I soll es sich insbesondere bei den Worten zwischen der Beamtin und der Gegendemonstrantin um ein “nichtöffentlich gesprochenes Wort” gehandelt haben. Unerheblich sei, dass es sich hierbei um Worte anlässlich von “Diensthandlungen auf öffentlichem Verkehrsgrund” handelte. Die Gegendemonstrantin sei von den Polizeibeamten extra zur Seite genommen worden und die restliche Demonstration war weitergezogen. Im Übrigen wären die Worte der Beamtin ausschließlich an Demonstrantin und nicht an die Allgemeinheit gerichtet gewesen. Etwas anderes würde nur gelten bei polizeilichen Durchsagen an die Demonstration insgesamt. Dies sei aber keineswegs der Fall gewesen. Die zwischen der Beamtin und der Gegendemonstrantin gewechselten Worte seien für andere Personen nicht bestimmt gewesen. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass unmittelbar neben der Gegendemonstrantin eine weitere Person gestanden war. Auch dies mache die zwischen den Beteiligten gesprochenen Worte nicht zu “Öffentlichen” im Sinne der genannten Strafvorschrift.
Zudem kam wohl hinzu, dass der Angeklagte mehrfach aufgefordert worden war, das Filmen zu unterlassen.
Ob diese Entscheidung den Tatbestand des § 201 StGB nicht etwas überspannt, kann natürlich trefflich diskutiert werden. Die Entscheidung zeigt aber, dass beim Filmen von Polizeibeamten bzw. polizeilichen Maßnahmen immer Vorsicht geboten ist.
Veröffentlichung von Aufnahmen strafbar
Die Veröffentlichung solcher Aufnahme sollte tunlichst unterbleiben. Diese kann die Verletzung des Rechts am eigenen Bild der Beamten begründen (§§ 22, 23 KUG). Verboten ist nach KunstUrhG (KUG) nicht das Fotografieren an sich, sondern das Veröffentlichen der Bilder. Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe kann nach § 33 KUG bestraft werden, wer entgegen den §§ 22, 23 KUG ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.
Präventive Unterbindung des Filmens durch Polizeibeamte möglich
Sehen die Beamten konkret das Risiko einer Veröffentlichung, kann ggf. polizeipräventiv ein Eingriff zur Unterbindung des Filmens zulässig sein. Rechtsgrundlage für das Eingreifen der Polizeibeamten ist dann das jeweilige landesrechtliche Polizeigesetz. Dies ist in Bayern das Polizeiaufgabengesetz (PAG). Die Polizei kann präventiv-polizeilich die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr). Die öffentliche Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Liegt aus Sicht der Polizeibeamten die konkrete Gefahr der Anfertigung und Veröffentlichung einer Portraitaufnahme eines der Beamten vor, kann ein polizeilicher Eingriff zur Unterbindung rechtmäßig sein.
Hier werden immer die Umstände des einzelnen Falles entscheidend sein.
Beschlagnahme des Handy denkbar
Auch eine Sicherstellung bzw. Beschlagnahme eines Smartphones kann bei einem unzulässigen Filmen von Polizeibeamten in Erwägung gezogen werden. Allerdings muss eine solche Maßnahme auch verhältnismäßig sein.
Einstellung des Verfahrens
Im erwähnten Fall gab es eine Einstellung ohne Schuldeingeständnis. Das Filmen war nicht heimlich und in der eigenen Wohnung. Zudem hatte einer der Beamten auch keine Einwände gegen das Filmen erhoben und sogar zunächst mitgeteilt, dass das Filmen “ok” sei. Dies würde dann ggf. ein “unerlaubtes Filmen” und damit den objektiven Tatbestand ausschließen. Auch kam ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB in Betracht. Nachdem nicht alle Zeugen zugegen waren, wurde das Verfahren zur Vermeidung weiterer Gerichtstermine eingestellt.
Lieber gleich zum Rechtsanwalt und Strafverteidiger
Wir empfehlen Ihnen als Rechtsanwalt und Strafverteidiger, behutsam beim Filmen von Polizeibeamten vorzugehen. Die Grenze zwischen einer zulässigen Dokumentation und der Verwirklichung eines Straftatbestands können fließend sein! Sollten sich Maßnahmen gegen Sie richten, oder gegen Sie ermittelt werden, melden Sie sich unverzüglich bei einem Rechtsanwalt Ihres Vertrauen, der Ihre Rechte wahrnimmt und die Sach- und Rechtslage im Einzelfall für Sie prüfen kann!
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