
Was Sie bei Ketamin im Straßenverkehr wissen müssen
Führerschein weg wegen Ketamin?
Einleitung – Was ist Ketamin?
Ketamin ist ein medizinisch anerkanntes Narkose- und Schmerzmittel, das sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin verwendet wird. In den letzten Jahren hat es zudem an Bedeutung in der Therapie von Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) gewonnen. Gleichzeitig wird Ketamin als Partydroge missbraucht, was insbesondere im Straßenverkehr gravierende Konsequenzen haben kann. Doch was passiert, wenn Ketamin im Blut nachgewiesen wird? Welche Strafen drohen? Und wie sollten Betroffene sich verhalten?
Ketamin und das Arzneimittelgesetz – Eine rechtliche Einordnung
Ketamin fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sondern unter das Arzneimittelgesetz (AMG). Das bedeutet:
- Ketamin ist kein Betäubungsmittel, sondern ein verschreibungspflichtiges Medikament.
- Der Besitz für den Eigengebrauch ist nicht strafbar, solange Ketamin aus einer legalen Quelle stammt.
- Der Handel oder die unbefugte Abgabe von Ketamin ist jedoch strafbar und kann nach dem AMG geahndet werden.
Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das AMG?
Das Arzneimittelgesetz (AMG) enthält Strafvorschriften für den unerlaubten Handel, die unerlaubte Herstellung oder das Inverkehrbringen von Ketamin, nicht jedoch für den bloßen Eigenbesitz.
- § 95 AMG: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, wenn Ketamin illegal verkauft oder abgegeben wird.
- § 96 AMG: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe, wenn Ketamin ohne Genehmigung hergestellt oder eingeführt wird.
- Besonders schwere Fälle (§ 95 Abs. 3 AMG): Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, wenn durch illegalen Handel eine große Zahl von Menschen gefährdet wird oder erhebliche finanzielle Vorteile erzielt werden.
Ketamin unterliegt nicht dem NpSG
Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) regelt den Umgang mit synthetischen Drogen, die nicht bereits als Betäubungsmittel oder Arzneimittel erfasst sind. Da Ketamin ein zugelassenes Arzneimittel ist, fällt es nicht unter dieses Gesetz.
Aber: In der Anlage zum NpSG unter Nummer 6 ist die Stoffgruppe der Arylcyclohexylamine erfasst.
Ketamin im Straßenverkehr – Welche Strafen oder Konsequenzen drohen?
Ketamin ist nicht in der Anlage zu § 24a StVG enthalten. Das bedeutet, dass der bloße Nachweis von Ketamin im Blut nicht automatisch als Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG (Drogen im Straßenverkehr) geahndet werden kann.
Jedoch gilt: Wer unter dem Einfluss von Ketamin ein Fahrzeug führt und dabei fahruntüchtig ist, macht sich strafbar!
Mögliche strafrechtliche Konsequenzen:
- Fahren unter Ketamin-Einfluss mit Fahruntüchtigkeit (§ 316 StGB – Trunkenheit im Verkehr)
- Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
- Entzug der Fahrerlaubnis
- Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
- Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)
- Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
- Führerscheinentzug
- Sperre für die Neueretilung
Wichtig:
- Die Polizei kann auf Basis von Fahrfehlern oder Verdachtsmomenten (z. B. unsichere Fahrweise) eine Blutuntersuchung anordnen.
- Auch wenn Ketamin ärztlich verschrieben wurde, kann eine Strafbarkeit nach § 316 StGB vorliegen, wenn die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt ist.
- Selbst ein niedriger Ketamin-Wert kann strafrechtlich zum Fahrerlaubnisentzug führen, wenn der Fahrer als fahruntüchtig eingestuft wird.
MPU und Ketamin – MPU / Entzug der Fahrerlaubnis kann drohen
Auch wenn kein direkter Zusammenhang zwischen Ketamin-Konsum und einem Unfall besteht, oder nicht von Fahruntüchtigkeit ausgegangen wird, kann eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden.
Bei einer “missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen” wie z.B. eben gerade Ketamin, kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 I Nr. 3 FeV die Anordnung unter Fristsetzung treffen, dass Sie ein (fach-) ärztliches Gutachten beizubringen haben.
- Gelegentlicher Konsum kann bei missbräuchlicher Einnahme bereits als mangelnde Fahreignung gewertet werden.
- Wer mit Ketamin im Blut erwischt wird, muss u.U. auch mit einer MPU rechnen.
- Die Anforderungen für eine positive MPU sind hoch – oft ist ein Abstinenznachweis von über einem Jahr erforderlich.
Viele Betroffene unterschätzen, dass nicht nur harte Drogen wie Amphetamin, Kokain oder Heroin zu einer MPU führen können, sondern auch Ketamin.
Exemplarisches Urteil zu Ketamin im Straßenverkehr
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 22.927 – Beschluss vom 05.05.2022
In diesem Fall wurde der Antragstellerin die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem bei einer Wohnungsdurchsuchung verschiedene Betäubungsmittel, darunter Ketamin, sichergestellt wurden. Ein toxikologisches Gutachten ergab den Konsum von Amphetamin, MDMA und Ketamin. Trotz Teilnahme an einem Drogenabstinenzkontrollprogramm und Beratungen wurde die Entziehung der Fahrerlaubnis bestätigt, da Zweifel an der Fahreignung der Antragstellerin bestanden. Dieses Urteil verdeutlicht, dass der Konsum von Ketamin v.a. auch in Verbindung mit anderen Betäubungsmitteln erhebliche Zweifel an der Fahreignung begründen kann, was zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen kann.
Vorsicht also beim Umgang mit Ketamin im Straßenverkehr. Selbst wenn Ketamin nicht in der Anlage zu § 24a StVG aufgeführt ist, kann es zum Entzug der Fahrerlaubnis führen.
Reden ist nicht mal Silber – Schweigen ist Gold!
Sollten Sie mit Ketamin im Straßenverkehr auffällig geworden sein, gilt: Machen Sie keine Aussage ohne rechtlichen Beistand.
Unsere Empfehlungen:
- Keine Aussagen gegenüber der Polizei! Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.
- Sofort einen spezialisierten Rechtsanwalt kontaktieren. Wir prüfen den Sachverhalt und entwickeln eine effektive Verteidigungsstrategie.
- Falls eine MPU droht, frühzeitig handeln. In vielen Fällen kann eine gezielte Vorbereitung helfen, den Führerschein schneller zurückzubekommen.
Fazit
Ketamin ist kein Betäubungsmittel, kann aber im Straßenverkehr erhebliche Konsequenzen für Sie und Ihren Führerschein haben.
- Ein positiver Ketamin-Nachweis führt nicht automatisch zu einer Strafe nach § 24a StVG, da es nicht in der Anlage enthalten ist.
- Bei Fahruntüchtigkeit kann jedoch eine Strafbarkeit nach § 316 oder § 315c StGB bestehen, was den Führerschein kosten kann.
- Wer betroffen ist, sollte keine vorschnellen Aussagen machen und sich sofort rechtlichen Beistand holen.
Melden Sie sich gerne bei uns! Unsere Kanzlei ist auf Verkehrsrecht, Fahrerlaubnisrecht und Strafrecht spezialisiert und unterstützt Sie bundesweit.
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