Fiktive Abrechnung bei Vollkaskoversicherung
Erstattung der Kosten einer durchgeführten Reparatur
In der Teil- oder Vollkaskoversicherung werden in der Regel die Kosten einer durchgeführten Reparatur ersetzt.
Es bestand Streit, ob in der Kaskoversicherung auch auf die Reparatur verzichtet und der für eine Reparatur nötige Geldbetrag “kassiert” werden kann. Die Frage war also, ob ein Schaden in der Kasko-Versicherung fiktiv abgerechnet werden kann.
Fiktive Abrechnung auch in der Kasko-Versicherung
Seit einem des BGH vom 11.11.2015 ist aber an sich klargestellt, dass auch die Möglichkeit besteht, den Schaden fiktiv abzurechnen. Der BGH hat festgelegt, dass der Versicherungsnehmer bei einer Vollkaskoversicherung im Falle eines Schadens am eigenen Fahrzeug im Einzelfall die Preise einer markengebundenen Werkstatt bei fiktiver Abrechnung ansetzen kann (BGH, Urteil vom 11.11.2015, Az. IV ZR 426/14). Wenn also gemäß der Reparaturkostenklausel des Kaskovertrages „die für die Reparatur erforderlichen Kosten“ erstattet werden, stehen dem Versicherungsnehmer die Kosten der örtlichen Werkstatt der Marke zu, wenn entweder die Reparatur nur dort einwandfrei durchgeführt werden kann, oder wenn das Fahrzeug jünger als drei Jahre ist oder aber, wenn es schon älter ist, aber bisher stets in der Markenwerkstatt repariert und gewartet wurde.
Versuche fiktive Abrechnung zu verhindern
Allerdings versuchen diverse Instanzgerichte diese (gefestigte) Rechtsprechung zu konterkarieren. Z.B. versucht sich das LG Darmstadt im Urteil vom 05.09.2018, Az. 23 O 386/17 unter (unrichtigem, weil systemwidrigen) Hinweis auf eine baurechtliche Entscheidung des BGH von der fiktiven Abrechnung in der Kaskoversicherung zu verabschieden. Das Urteil ist m.E. aber falsch. Auch insbesondere eine Versicherung mit drei großen Buchstaben im Namen versucht, bei fiktiver Abrechnung nicht nur die MwSt, sondern „alle öffentlichen Abgaben und Steuern“ herauszurechnen. Das ist aber nach geltendem Recht Unsinn. Die Abschaffung der fiktiven Abrechnung im Schadenersatzrecht ist einzig und alleine Sache des Gesetzgebers.
Lassen Sie sich also nicht auf unberechtigte Kürzungen ein!
Vorsicht bei neuen Versicherungsbedingungen!
Nun kann es aber sein, dass gerade „Billigversicherer“ nach der BGH-Entscheidung in neuen Versicherungsbedingungen die Höhe der Abrechnung bewusst kappen und die entsprechenden Klauseln so fassen, dass grundsätzlich nicht mehr fiktiv abgerechnet werden können soll. Entscheidend wird also immer bei der jeweiligen Versicherung sein, wie die Klauseln zur Reparatur konkret gefasst sind. Es ist also grundsätzlich vor dem Abschluss einer neuen Kasko-Versicherung immer zu prüfen, ob die Klauseln zu den Reparaturkosten Regelungen zu einer fiktiven Abrechnung enthalten, damit ein vermeintlich günstigerer Tarif nicht zur „Mogelpackung“ wird.
Wir prüfen Ihren Kasko-Vertrag gerne und helfen bei einer Kasko-Schadensabrechnung!
Ohne Sonderregelungen in den Versicherungsbedingungen schuldet auch der Kaskoversicherer die „erforderlichen Kosten“ der Reparatur. Dann bleibt es im Ergebnis bei der BGH-Entscheidung aus 2015.
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