Müssen Medizinalcannabispatienten zur MPU?
Darf die Fahrerlaubnisbehörde bei einem Medizinalcannabis-Patienten eine MPU anordnen?
Wenn die Fahrerlaubnisbehörde davon Kenntnis erlangt, dass ein Führerscheininhaber Medizinalcannabis verordnet bekommt und einnimmt, wird regelmäßig ein Eignungsüberprüfungsverfahren eingeleitet.
Anhörungsschreiben
Der Inhaber einer Fahrerlaubnis wird dann regelmäßig zuerst von der Behörde ein Anhörungsschreiben erhalten, indem die Fahrerlaubnisbehörde ihn über ihre Eignungszweifel informiert und angekündigt, dass sie beabsichtige die Fahreignung durch ein Gutachten überprüfen zu lassen.
Fragenkatalog und Bitte um Atteste
Oft geht einem solchen Schreiben auch noch ein Fragenkatalog voraus, den der Fahrerlaubnisinhaber beantworten und mit medizinischen Attesten belegen soll.
Ärztliches Gutachten als milderes Mittel
Die Begutachtung ist ein Eingriff in die Rechte des Fahrerlaubnisinhabers. Im Verwaltungsrecht gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Gibt es mehrere Überprüfungsmöglichkeiten, muss stets der geringere Eingriff erfolgen. Hier liegt einer fachärztlichen Begutachtung bzw. einer medizinisch-psychologischen Untersuchung ein Stufenverhältnis zugrunde.
Im Vergleich zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bei Cannabispatienten ist die (fach-)ärztliche Begutachtung der geringere Eingriff und daher das mildere Mittel.
Hat der Patient noch nie in Zusammenhang mit Drogen Auffälligkeiten gezeigt, wird regelmäßig „nur“ eine fachärztliche Begutachtung bzw. das ärztliche Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle gefordert werden. Eine Aufforderung zur Beibringung der MPU ohne weitere besondere Umstände ist nicht verhältnismäßig und daher rechtswidrig.
Die Fahrerlaubnisbehörde wird dann (regelmäßig in einem gesonderten Schreiben) zur Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Gutachtens auffordern und hierfür eine Frist setzen. Der Fahrerlaubnisinhaber muss dann mitteilen, zu welcher Begutachtungsstelle oder zu welchem qualifizierten Arzt er zur Begutachtung möchte.
Schluss auf Nichteignung bei Nichtvorlage des Gutachtens innerhalb der Frist
Bei einer rechtmäßigen Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens und einer angemessenen Fristsetzung kann die Behörde bei Nichtvorlage des Gutachtens innerhalb der gesetzten Frist auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen, § 11 VIII 1 FeV. Die Aufforderung zur Beibringung des Gutachtens ist aber als solches nicht isoliert anfechtbar (z.B. durch Widerspruch oder Klage). Sie ist noch kein Verwaltungsakt. Erst ein darauf folgender Entzugsbescheid ist gerichtlich überprüfbar. Diesen gilt es aber tunlichst zu vermeiden!
Hier macht es daher regelmäßig Sinn, sich anwaltlichen Rat einzuholen, ob die Fragestellung korrekt ist, bevor ein solcher Bescheid ergeht.
Compliance & Adhärenz
Die Fahrerlaubnisbehörde möchte u.a. überprüft wissen, ob der Inhaber der Fahrerlaubnis das Medizinal-Cannabis zuverlässig nur ausschließlich nach der ärztlichen Verordnung einnimmt (Compliance bzw. Adhärenz) und sich keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit zeigen. Auch wird regelmäßig überprüft, ob die Grunderkrankung bzw. die Symptomatik weswegen das Cannabis verordnet wird, eine sichere Verkehrsteilnahme zulässt.
Hier bemüht die Fahrerlaubnisbehörde oft § 13 I 1 und 2 BtMG. Danach darf Medizinalcannabis nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung ärztlich verschrieben, verabreicht oder überlassen werden. Und dies auch nur dann, wenn die Anwendung medizinisch begründet ist.
Die Fahrerlaubnisbehörde steht dabei oft auf dem Standpunkt, dass eine medizinische Verordnung von Cannabis nur dann zulässig sei, wenn der beabsichtigte Zweck der Verordnung auf andere Weise nicht erreicht werden kann.
Es ist aber nicht Aufgabe der Fahrerlaubnisbehörde zu überprüfen, ob es andere Behandlungsmöglichkeiten gibt. Dies ist einzig und allein der Beurteilung der behandelnden Ärzte in Zusammenarbeit mit dem Patienten vorbehalten. Es bedient sich die Fahrerlaubnisbehörde aber eben des Gutachters, damit beurteilt werden kann, ob die Einnahme von Cannabis indiziert, ärztlich verordnet und im Rahmen der Behandlung einer Erkrankung erfolgt und eine Dauerbehandlung mit Medizinalcannabis nicht zum Verlust der Fahreignung führt.
Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU)
Dann, wenn Patienten eine Vorgeschichte mit illegalen Cannabiskonsum oder Drogen aufweisen, wird die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel besonders kritisch prüfen.
Hier ist regelmäßig damit zu rechnen, dass die Fahrerlaubnisbehörde eine Frist setzt, dass der Führerscheininhaber sich medizinisch-psychologisch bei einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung begutachten lässt. Es wird also unter Fristsetzung ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) gefordert.
Dabei unterstellt die Fahrerlaubnisbehörde oftmals, die Cannabisverschreibung aus medizinischen Gründen würde angestrebt, um einen missbräuchlichen Konsum zu legalisieren. Dass hier oftmals schwerwiegende Erkrankungen und eine langjährige Leidensgeschichte vorausgingen, wird oft verkannt. Ebenso wird oft nicht gesehen, dass bei zahlreichen anderen (konservativen) Arzneimitteln das Medizinalcannabis für die Patienten das effizienteste und am besten wirksamste Arzneimittel mit den geringsten Nebenwirkungen sein kann. Die Fahrerlaubnisbehörde wird sich regelmäßig auch darauf berufen, dass ja Medizinalcannabis nur für Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen nach entsprechender Indikationsstellung und bei fehlenden anderen Therapiemöglichkeiten als Arzneimittel verordnet werden sollte.
Dass aber sicherlich seriös arbeitende Ärzte hier nicht ohne die entsprechende Indikation Medizinalcannabis verordnen, sollte sich doch von selbst verstehen.
Die meisten unserer Mandanten nehmen das ärztlich verordnete Cannabiseben gerade nicht, weil sie „legal kiffen“ wollen. Unseren Mandanten wäre es am liebsten, sie wären gesund und müssten eben nicht den sehr umständlichen Weg einer Cannabisverordnung wählen.
Nichtsdestotrotz muss immer bei Cannabispatienten von der Fahrerlaubnisbehörde die Fahreignung überprüft werden. Hierbei wird besonders großer Wert auf die „Compliance und Adhärenz“ des Cannabispatienten gelegt.
Lieber vor Bescheid zu einem Rechtsanwalt für Medizinalcannabis
Wenn Sie Fragen zur Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Beibringung eines Gutachtens haben, sollten Sie sich nicht erst dann, wenn es zu einer unliebsamen Behördenentscheidung (Entzug der Fahrerlaubnis) gekommen ist, an einen kompetenten Anwalt wenden.
Natürlich ist die Sicherheit im Straßenverkehr ein extrem wichtiges Gut. Selbstverständlich müssen die Fahrerlaubnisbehörden immer überprüfen, ob bei der regelmäßigen Arzneimitteleinnnahme Fahreignung besteht. Nur leider werden Medizinalcannabispatienten immer noch sehr Hürden bereitet und sie stehen vor vielfältigen Problemen in Zusammenhang mit dem Führerschein.
Wir beraten Sie gerne und ehrlich und verfügen über eine große juristische Expertise bei Cannabispatienten. Wir wissen wie problematisch es für viele Medizinalcannabispatienten ist, dass sie ihre Fahreignung „unter Beweis stellen“ zu müssen. Hier stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite! Wir wollen dabei die Probleme lösen und Ihnen auch im Vorfeld helfen, damit es nicht zu größeren Schwierigkeiten kommt.
Natürlich kostet ein Rechtsanwalt. Dennoch sehen wir, dass es Medizinalcannabispatienten oftmals viel mehr kostet, wenn sie nicht frühzeitig zum Rechtsanwalt für Medizinalcannabis gegangen sind.
Aktuelle Beiträge
Wie verhalte ich mich richtig nach einem Verkehrsunfall?
Ein Verkehrsunfall ist immer eine Stresssituation. Entsprechend schwer fällt es Unfallbeteiligten, einen kühlen Kopf zu bewahren und besonnen zu handeln. Da...
Immer Vorsicht nach Konsum von Cannabis: THC sogar noch Wochen nachweisbar
Die in § 44 des am 01.01.2024 in Kraft getretenen KCanG (Konsumenten-Cannabisgesetz) eingesetzte unabhängige Expertengruppe hat ihr Ergebnis zu einer...