Fahrerlaubnisrecht / MPU: Verjährung alter Einträge bei MPU?
10 Jahre sind genug – keine Berücksichtigung alter Verkehrszuwiderhandlungen bei Eintritt der Tilgungsreife von Eintragungen im Verkehrszentralregister nach 10 Jahren
Die Fahrerlaubnisbehörde kann bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkohol- und Drogeneinfluss bei einem Fahrerlaubnisinhaber anordnen, dass dieser sich begutachten lässt. Es ist dann ein medizinisch-psychologischen Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle vorzulegen („MPU“). Die Fahrerlaubnisbehörde setzt hierzu eine angemessene Frist. Wird innerhalb der Frist das Gutachten nicht vorgelegt, wird die Fahrerlaubnis regelmäßig mit sofortiger Wirkung entzogen. Ist nämlich die Gutachtensanforderung rechtmäßig, kann nach dem Gesetz bei Fristablauf die fehlende Eignung unterstellt werden, § 11 VIII 1 Fahrerlaubnisverordnung.
Für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkohol- oder Drogeneinfluss müssen mindestens zwei verwertbare Zuwiderhandlungen vorliegen. Eine etwaige Vortat kann aber immer nur dann von der Fahrerlaubnisbehörde berücksichtigt werden, wenn sie verwertbar ist.
Wie lange ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten berücksichtigt werden darf, richtet sich nach der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung alleine nach den gesetzlichen Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen. Insbesondere ist die 10 Jahresfrist in § 29 StVG zu berücksichtigen.
Ist von zwei angeblichen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr eine tilgungsreif und damit nicht mehr verwertbar, ist eine Gutachtensanforderung mangels wiederholter Zuwiderhandlungen nicht rechtmäßig.
Ist die Fahrerlaubnis wegen eines Delikts im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entzogen worden, so ist auch bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht mehr zulässig, wenn die Tat wegen Zeitablaufs einem Verwertungsverbot unterliegt.
Taten, die im Verkehrszentralregister eingetragen werden, also auch Straftaten sind nach Ablauf der 10-jährigen Tilgungsfrist nicht mehr zu berücksichtigen.
Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme – auch 15 Jahre sind möglich:
Nach § 29 V StVG kann im unglücklichsten Fall auch eine 15-jährige Tilgungsfrist gelten:
„Bei der Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung, der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuchs oder bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der beschwerenden Entscheidung oder dem Tag des Zugangs der Verzichtserklärung bei der zuständigen Behörde. Bei von der Fahrerlaubnisbehörde verhängten Verboten oder Beschränkungen, ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug zu führen, beginnt die Tilgungsfrist fünf Jahre nach Ablauf oder Aufhebung des Verbots oder der Beschränkung.“
Wegen des nach hinten verschobenen Beginns der Tilgungsfrist ist dann eine Tilgungsfrist von insgesamt 15 Jahren denkbar!
Über den Autor: Rechtsanwalt Dr. jur. Marc Herzog. LL.M. ist Fachanwalt für Strafrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. Er ist bundesweit tätig und hilft in den Bereichen Strafrecht, Verkehrsrecht und Versicherungsrecht v.a. auch im Bußgeldrecht, bei Unfallregulierungen und Führerscheinproblemen professionell. Dr. Herzog ist Master of Laws (LL.M.) im Verkehrs-, Straf- und Versicherungsrecht.
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