BayVGH: Verbot des Fahrens mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen rechtswidrig
Wir erleben es oft, dass gerade bei Alkohol- bzw. Drogendelikten mit dem Fahrrad oder einem anderen fahrerlaubnisfreiem Kraftfahrzeug (z.B. E-Scooter) die Fahrerlaubnisbehörde bei Fahrungeeignetheit auch ein Fahrverbot für Fahrzeuge wie Fahrräder oder E-Scooter verhängt.
Behörde kann Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht verbieten
Nach einer aktuellen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in München (BayVGH) ist diese Praxis aber rechtswidrig und nicht von § 3 I 1 FeV gedeckt.
Zum Ausgangssachverhalt
Der Kläger hatte zunächst erfolglos die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragt.
Später wurde der Fahrerlaubnisbehörde bekannt, dass der Kläger auf einem dreirädrigen Mofa einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen worden war. Dabei wurde von der Polizei deutlicher Alkoholgeruch und glasige, gerötete Augen festgestellt. Ein freiwilliger Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,59 mg/l. Die mehr als eine Stunde nach dem Vorfall entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 ‰ auf. Wegen dieses Vorfalls wurde der Kläger mit rechtskräftigem Strafbefehl wegen Trunkenheit im Verkehr u.a. zu einem Fahrverbot von drei Monaten (§ 44 StGB) verurteilt.
Kläger wurde verboten fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen
Im Ausgangsfall hatte die Verwaltungsbehörde dem Kläger mit einem Bescheid unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verboten, auch fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. In den Gründen des Bescheids ist allerdings das Führen nicht motorisierter Fahrzeuge (z.B. Fahrräder ohne Hilfsmotor) hiervon ausdrücklich ausgenommen, da insofern keine Verstöße bekannt geworden seien.
Klage vor VG zunächst erfolglos
Dagegen hatte der Kläger zunächst erfolglos vor dem VG Augsburg geklagt.
Verwaltungsgerichtshof hebt Entscheidung auf
Der VGH München hat in seinem Urteil vom 17.4.2023 zum Aktenzeichen 11 BV 22.1234 die Ausgangsentscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg aufgehoben und dem Kläger Recht gegeben.
Damit ist das Gericht der behördlichen Verbotspraxis entgegen getreten.
Begründung des BayVGH
Das Gericht für in der Begründung dazu aus:
„
Der Senat teilt die Auffassung des Klägers, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar und damit unwirksam (vgl. Grzeszick in Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Stand September 2022, Art. 20 Rn. 143) ist, weil sie weder hinreichend bestimmt noch verhältnismäßig ist.
Damit kann dahinstehen, ob § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und y StVG a.F. als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Regelung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge durch Rechtsverordnung seinerseits dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt. Auf die seit 28. Juli 2021 geltenden Bestimmungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b und d, Abs. 3 Nr. 1 StVG kommt es insoweit nicht an, da für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Norm mit höherrangigem Recht auf den Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen ist und der Wegfall oder die Änderung der dem Erlass einer Rechtsverordnung zugrundeliegenden Ermächtigungsnorm jene grundsätzlich unberührt lässt (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2020 – 4 C 6.18 – NVwZ 2021, 1624 Rn. 47, 50; U.v. 24.6.2015 – 9 C 23.14 – NVwZ-RR 2016, 68 = juris Rn. 10; U.v. 6.10.1989 – 4 C 11.86 – NJW 1990, 849 = juris Rn. 10; BVerfG, B.v. 10.5.1988 – 2 BvR 482/84 u.a. – BVerfGE 78, 179; Remmert in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 80 Rn. 51; Brenner in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 80).
2.1. Davon abgesehen ist auch fraglich, ob die Voraussetzungen für eine Untersagung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV vorlagen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handelt (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 9 ff.; BayVGH, U.v. 17.1.2020 – 11 B 19.1274 – ZfSch 2020, 175 Rn. 18 ff.).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen, wenn sich jemand als hierzu ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Nach § 3 Abs. 2 FeV finden die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV fehlt bei Kraftfahrern die Fahreignung in Fällen des Alkoholmissbrauchs, d.h. wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden. Die Fahreignung besteht gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV erst wieder nach Beendigung des Missbrauchs, d.h. wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist, was durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2015 – 11 CS 15.1204 – juris Rn. 13). Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV ist zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig, und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt ist (stRspr BVerwG, U.v. 12.3.1985 – 7 C 26.83 – BVerwGE 71, 93 = juris Rn. 16; U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19; OVG NW, B.v. 17.3.2021 – 16 B 22/21 – DAR 2021, 409 = juris Rn. 5) .
Der Beklagte hat die Beibringungsanordnung vom 30. Juni 2021 auf § 3 Abs. 2 FeV i.V.m. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV gestützt. Im Schreiben vom 30. Juni 2021 wird zwar auch einmal § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV zitiert. Dabei handelt es sich jedoch um einen offenbaren und damit unbeachtlichen Schreibfehler im Sinne von Art. 42 Satz 1 BayVwVfG. Denn die Behörde hat der wörtlichen Aufforderung zur Einholung des Gutachtens zunächst § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV unter Wiedergabe des Wortlauts vorangestellt und im Zusammenhang mit dem Zitat des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV den Inhalt des Buchstaben b wiedergegeben.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV lagen im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 14) vor. Aufgrund der rechtskräftigen Strafbefehle vom 15. Januar 2016 und 27. Mai 2021 steht fest, dass der Kläger zweimal eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB begangen hat. Bei dieser Straftat handelt es sich um eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV. Hierunter sind Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu verstehen, die auch mit erlaubnisfreien Kraftfahrzeugen bzw. Fahrzeugen aller Art begangen werden können, im Falle des § 24a StVG mit jedem Kraftfahrzeug im Sinne von § 1 Abs. 2 StVG (Hühnermann in Burmann/ Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. 2022, § 24a StVG Rn. 2) und im hier einschlägigen Falle des § 316 StGB mit einem Fahrzeug, d.h. mit jedem zur Ortsveränderung bestimmten Fortbewegungsmittel, das zur Beförderung von Personen oder Gütern geeignet ist, ohne dass es auf die Antriebsart ankommt (Pegel, MünchKomm zum StGB, 4. Aufl. 2022, § 316 Rn. 9).
Der Zeitablauf zwischen den am 9. Dezember 2015 und am 8. April 2021 begangenen Trunkenheitsfahrten führt entgegen der Auffassung des Klägers zu keiner die Anwendung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV hindernden Zäsur, weil beide Taten nach den einschlägigen Vorschriften noch verwertbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 7.4.2022 – 3 C 9.21 – ZfSch 2022, 474 Rn. 55; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 13 FeV Rn. 22 m.w.N.). Nach § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a StVG beträgt die Tilgungsfrist bei Entscheidungen über eine Straftat in Fällen, in denen wie hier die Fahrerlaubnis entzogen oder eine isolierte Sperre angeordnet worden ist, zehn Jahre. In diesen Fällen beginnt sie gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG mit Erteilung oder Neuerteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung zu laufen. Da dem Kläger seit der strafgerichtlichen Verurteilung vom 15. Januar 2016 keine Fahrerlaubnis mehr erteilt worden ist, begann die zehnjährige Tilgungsfrist somit fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft am 3. Februar 2016, also am 3. Februar 2021, zu laufen. Auch wenn bei Eintragungen im Fahreignungsregister gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a StVG nach Ablauf eines Zeitraums, der einer fünfjährigen Tilgungsfrist nach der vorstehenden Vorschrift entspricht, ein Verwertungsverbot besteht (§ 29 Abs. 7 Satz 3 StVG), sofern – wie hier – nicht die Eintragung in einem Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis oder zum Ergreifen von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Abs. 5 StVG verwendet werden soll, ist die Tat vom 9. Dezember 2015 in einem Untersagungsverfahren noch bis 3. Februar 2026 verwertbar. Da mit dem seit 3. Juni 2021 rechtkräftigen Strafbefehl vom 27. Mai 2021 keine Entziehung der Fahrerlaubnis verbunden war, beträgt die Tilgungsfrist in diesem Fall gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a StVG fünf Jahre. Sie beginnt nach § 29 Abs. 4 Nr. 1 StVG am Tag der Rechtskraft zu laufen. Diese Tat ist somit bis 3. Juni 2026 verwertbar. Beide Taten waren also sowohl im Zeitpunkt des Erlasses der Beibringungsanordnung als auch in dem für die Beurteilung eines Dauerverwaltungsakts maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats verwertbar.
Die Rechtsauffassung des Klägers, wonach der Beklagte wegen der Bindungswirkung nach § 3 Abs. 4 StVG daran gehindert sei, von fehlender Fahreignung auszugehen, trifft nicht zu. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG kann die Fahrerlaubnisbehörde, will sie in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Die hier vorliegenden Strafbefehle stehen nach § 3 Abs. 4 Satz 2 StVG einem Urteil gleich. Die in § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG angeordnete Bindungswirkung gilt auch nicht nur für die Maßnahme der Entziehung selbst, sondern nach ihrem Sinn und Zweck für das gesamte Entziehungsverfahren unter Einschluss der vorbereitenden Maßnahmen, sodass in derartigen Fällen die Behörde schon die Beibringung eines Gutachtens nicht anordnen darf (BayVGH, B.v. 28.1.2022 – 11 CS 21.2171 – juris Rn. 13). Allerdings gilt die Vorschrift nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut („in einem Entziehungsverfahren“) nicht in dem hier streitgegenständlichen Verfahren zur Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge. Jenseits der Sperrfrist hat der Gesetzgeber eine Bindung an die auf strafgesetzlichen Bestimmungen beruhende negative Eignungsbeurteilung nicht vorgesehen (BVerwG, U.v. 6.4.2017 – 3 C 24.15 – ZfSch 2017, 594 Rn. 20 f.: keine Bindung im Neuerteilungsverfahren). Zudem tritt keine Bindungswirkung ein, wenn das Strafurteil bzw. der Strafbefehl keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthält oder in den schriftlichen Gründen unklar bleibt, ob das Gericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat (vgl. BVerwG, U.v. 15.7.1988 – 7 C 46.87 – BVerwGE 80, 43 = juris Rn. 10 ff.; B.v. 11.10.1989 – 7 B 150.89 – juris Rn. 2; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 4 StVG Rn. 59 m.w.N.). Um den Eintritt einer Bindung überprüfen zu können, verpflichtet § 267 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 409 Abs. 1 Satz 3 StPO den Strafrichter zu einer besonderen Begründung, wenn er im Strafbefehl von der Entziehung der Fahrerlaubnis oder – wie hier – von der Anordnung einer Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB absieht, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht gekommen wäre. An einer solchen Begründung fehlt es im Strafbefehl vom 27. Mai 2021. Es wurde schlicht von der Anordnung einer Sperre abgesehen, wohingegen das Strafgericht im Strafbefehl vom 15. Januar 2016 noch festgestellt hatte, dass sich der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, das Strafgericht habe die Fahreignung bejaht.
Fraglich erscheint allerdings, ob die vom Fahreignungsgutachter zu klärende Frage rechtmäßig war, weil ein sowohl den anlassgebenden Sachverhalt (Verstöße gegen das Trennungsgebot mit einem erlaubnispflichtigen und einem erlaubnisfreien Kraftfahrzeug) als auch die beabsichtigte bzw. getroffene Maßnahme (Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge) überschießender Sachverhalt begutachtet werden sollte. Die gestellte Frage hatte die Eignung zum Führen sämtlicher Fahrzeuge, also auch von Nicht-Kraftfahrzeugen wie Fahrrädern, zum Gegenstand. Im Hinblick auf die Belastungen des Fahrzeugführers durch die Begutachtung kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um einen zu vernachlässigenden, ohne weiteres abtrennbaren Untersuchungsgegenstand handelt. In diesem Zusammenhang hat der Senat auch bereits Bedenken gegen die entsprechende Anwendung (§ 3 Abs. 2 FeV) des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV in Fällen, in denen die anlassgebende Trunkenheitsfahrt (hier bei einer BAK von 1,24 ‰) – wäre sie mit einem fahrerlaubnisfreien sonstigen Fahrzeug (Fahrrad) begangen worden – keine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr nach § 24a Abs. 1 StVG dargestellt hätte, was als Systembruch erscheint. Zwar gibt eine Fahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr mit einem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug, das kein Kraftfahrzeug ist, insbesondere mit einem Fahrrad, nach der Wertung des Verordnungsgebers (vgl. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV) Anlass zu Fahreignungsbedenken hinsichtlich des Führens von Kraftfahrzeugen (BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 19 m.w.N.). Ob dies auch umgekehrt und auch dann zu gelten hat, wenn der Alkoholisierungsgrad unter dem des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV bleibt, ist soweit ersichtlich nicht geklärt. Da diese vom Verordnungsgeber offengelassenen Fragen aus den nachfolgenden Gründen hier nicht entscheidungserheblich sind, können sie jedoch dahinstehen.
2.2. § 3 FeV verstößt gegen die aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 bis 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) abgeleiteten Gebote der hinreichenden Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit rechtlicher Regelungen (vgl. Grzeszick in Dürig/ Herzog/Scholz, GG, Art. 20 Rn. 58 ff.; BVerfG, B.v. 17.7.2003 – 2 BvL 1/99 – BVerfGE 108, 186 = juris Rn. 172 m.w.N.).
a. Rechtsnormen müssen so bestimmt formuliert sein, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten so vorhersehbar und berechenbar sind, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann, dass der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und dass eine hinreichende gerichtliche Kontrolle möglich ist (Grzeszick, a.a.O. Rn. 58; BVerfG, U.v. 27.7.2005 – 1 BvR 668/04 – BVerfGE 113, 348 = juris Rn. 118 ff.; B.v. 8.1.1981 – 2 BvL 3/77, 2 BvL 9/77 – BVerfGE 56, 1 = juris Rn. 41). Anlass, Zweck und Grenzen eines Eingriffs müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (BVerfG, U.v. 27.7.2005 a.a.O. Rn. 118). Allerdings verbietet es der Bestimmtheitsgrundsatz dem Gesetzgeber nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (BVerfG, B.v. 8.1.1981 a.a.O.; Grzeszick, a.a.O. Rn. 62; Sommermann in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 20 Rn. 289) oder sich der Verweisungstechnik zu bedienen (vgl. BVerwG, B.v. 31.5.2022 – 6 C 2.20 – NVwZ 2022, 1802 Rn. 53; BVerfG, B.v. 9.12.2022 – 1 BvR 1345/21 – EuGRZ 2023, 109 = juris Rn. 97 ff.). Es obliegt grundsätzlich den Gerichten, durch schrittweise Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe und durch Kontrolle der Einhaltung der Ermessensschranken die notwendige Berechenbarkeit des Verwaltungshandelns sicherzustellen (Sommermann, a.a.O., Art. 20 Rn. 289). Verweisungen müssen begrenzt bleiben und dürfen nicht durch die Inbezugnahme von Vorschriften, die andersartige Spannungslagen bewältigen, ihre Klarheit verlieren. In der Praxis darf es hierdurch nicht zu übermäßigen Schwierigkeiten bei der Anwendung kommen (BVerwG, B.v. 31.5.2022 a.a.O. Rn. 53). Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist, ferner von der Intensität der Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen (BVerfG, B.v. 8.1.1981, a.a.O. Rn. 42) bzw. der Art und Schwere des möglichen Eingriffs (Sommermann, a.a.O., Art. 20 Rn. 291; Wolff in Stern/Sodan/Möstl, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Staatenverbund, 2. Aufl. 2022, § 15 Rn. 195). Je bedeutsamer die Norm ist, insbesondere je intensiver die damit verbundene Freiheitseinschränkung des Bürgers ausfällt, und je eindeutiger, abgrenzbarer und vorhersehbarer der Regelungsgegenstand ist, desto höher ist das Maß der gebotenen inhaltlichen Bestimmtheit der Norm (Grzeszick, a.a.O. Rn. 60; vgl. auch BVerfG, U.v. 27.7.2005 a.a.O. Rn. 119).
b. Insoweit ist festzustellen, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnisbehörde zu schwerwiegenden Eingriffen in die durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützte Mobilität (vgl. BVerfG, B.v. 6.6.1989 – 1 BvR 921/85 – BVerfGE 80, 137 = juris Rn. 62) des Betroffenen ermächtigt. Eine Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, das ansonsten jedermann im öffentlichen Straßenraum ohne Weiteres erlaubt ist, kann den Betroffenen ganz auf den nicht immer und überall erreichbaren und mit nicht unerheblichen Kosten verbundenen öffentlichen Personenund Gelegenheitsverkehr beschränken. Die Teilnahme am Straßenverkehr mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen, insbesondere mit dem Fahrrad, kann für die private Lebensgestaltung des Einzelnen, einschließlich der Ausbildung und Berufsausübung, von erheblicher Bedeutung sein (BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – NJW 2021, 1970 = juris Rn. 39).
c. Demgegenüber sind die materiellen Voraussetzungen, unter denen ein Eingriff nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV erfolgen darf, nur sehr lückenhaft geregelt. Insbesondere ist nicht ausreichend klar geregelt, in welchen Fällen sich der Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge als ungeeignet bzw. nur noch bedingt geeignet erweist und wann Eignungszweifel im Sinne von § 3 Abs. 2 FeV gerechtfertigt sind. Soweit die amtliche Begründung zu § 3 FeV (BR-Drs. 443/98, S. 237) hierzu auf § 2 Abs. 4 StVG („wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat“) verweist, bezieht sich diese Begriffsdefinition ausdrücklich nur auf die Kraftfahreignung. Ein den Anlagen 4 bis 6 zur FeV vergleichbares Regelwerk, das zur Konkretisierung (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVG Rn. 41) der unbestimmten Rechtsbegriffe der körperlichen und geistigen Anforderungen diejenigen Erkrankungen und Mängel aufführt, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Regelfall längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können, fehlt für Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind.
d. Auch aus § 3 Abs. 2 FeV, wonach die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung finden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, lässt sich kein hinreichend bestimmter Anhalt für spezifische Eignungszweifel gewinnen.
Rechtlich unzulässig wäre es jedenfalls, identische physische und psychische Anforderungen an das Führen von fahrerlaubnispflichtigen und -freien Fahrzeugen zu stellen (vgl. Rebler/Müller, DAR 2014, 690/694; Geiger, SVR 2007, 161/162 f.). Denn Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind, unterscheiden sich von Kraftfahrzeugen insbesondere in Größe und Gewicht, den Fahreigenschaften, der erreichbaren Fahrgeschwindigkeit, in Bedienung und Art der Benutzung und damit in den Anforderungen an den Fahrer und in ihrem Gefahrenpotential (vgl. BVerfG, B.v. 27.3.1979 – 2. BvL 7/78 – BVerfGE 51, 60 juris Rn. 62 zur Geschwindigkeit; vgl. Pegel in MünchKomm zum StGB, § 316 Rn. 43, 45 zur technischen Vergleichbarkeit mit einem Kfz). Auch der Gesetz- und Verordnungsgeber hat rechtliche Differenzierungen für erforderlich gehalten. So hat er – abgesehen von den in § 4 Abs. 1 Satz 2 FeV vorgesehenen Ausnahmen – eine Fahrerlaubnispflicht nur für Kraftfahrzeuge sowie verschiedene Fahrerlaubnisklassen mit unterschiedlich hohen physischen und psychischen Anforderungen an die Fahrzeugführer sowie Nachweispflichten vorgesehen. Bei Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr kann nur das Führen eines Kraftfahrzeugs mit 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 ‰ oder mehr Alkohol im Blut oder unter der Wirkung eines in der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden Mittels (Betäubungsmittels) mit Bußgeld geahndet werden. Im Strafrecht erfolgt eine Sanktionierung von Führern fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind, nur, wenn die Voraussetzungen der Straftatbestände des § 315c oder des § 316 StGB erfüllt sind, für die das Führen jedes Fahrzeugs ausreicht, wobei die Rechtsprechung wegen des unterschiedlichen Gefährdungspotentials weiter beim Grenzwert für die absolute Fahrunsicherheit differenziert (bei Kraftfahrern ab einer BAK von 1,1 ‰, bei Fahrradfahrern ab 1,6 ‰; vgl. auch Pegel in MünchKomm zum StGB, § 316 Rn. 37, 40 f., 44 m.w.N.).
Soweit §§ 11 bis 14 FeV nur dann entsprechend angewendet werden sollen, als nach ihrem Inhalt nicht das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge vorausgesetzt ist (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – NJW 2013, 2696 = juris Rn. 6; VG Gelsenkirchen, B. v. 23.9.2021 – 7 L 901/21 – juris Rn. 15; Begemann in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 1.12.2021, § 3 FeV Rn. 19 f.; Dauer in Hentschel/ König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 3 FeV Rn. 11 m.w.N.), werden damit die Fragen, welche – vor allem auf physiologische bzw. pathologische und psychologische Eigenschaften des Fahrers zurückzuführenden – Mängel im Einzelfall relevant sind und unter welchen konkreten Voraussetzungen die in den §§ 11 bis 14 FeV vorgesehenen Gefahrerforschungsmaßnahmen getroffen werden dürfen, nicht geklärt. Die auf die Beurteilung der Kraftfahreignung zugeschnittenen Vorschriften befassen sich nur am Rande mit dem Führen eines sonstigen Fahrzeugs. Dies ist soweit ersichtlich nur für § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV obergerichtlich entschieden (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 a.a.O. Rn. 7 m.w.N.). Was nach einer ebenfalls unter Strafe gestellten Fahrt im Zustand der durch andere berauschende Mittel herbeigeführten Fahruntüchtigkeit (§ 316 StGB) gelten soll, ist unklar, da eine § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV entsprechende Vorschrift in § 14 FeV bzw. generell betäubungsmittelrelevante Grenzwerte fehlen. Insoweit käme sowohl die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens (§ 14 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV) als auch einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV) in Betracht. Ob § 14 FeV entsprechend anwendbar ist, wenn der Betroffene durch die Betäubungsmitteleinnahme keine Verkehrszuwiderhandlung begangen hat, insbesondere bei Konsum anderer Betäubungsmittel als Cannabis, der die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausschließt, ohne dass es der Einholung eines Gutachtens bedarf (vgl. § 11 Abs. 7 FeV und Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV), ist ebenfalls offen.
Den Fahrerlaubnisbehörden stehen auch keine den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (vom 27.1.2014 [VkBl S. 110] in der Fassung vom 17.2.2021 [VkBl S. 198]) vergleichbaren verkehrsmedizinischen antizipierten Sachverständigengutachten (vgl. Siegmund in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 3.5.2023, § 2 StVG Rn. 75) zur Verfügung, die den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zu Eignungsmängeln beim Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wiedergeben würden (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – BVerwGE 148, 230 = juris Rn. 19), oder entsprechend entwickelte Beurteilungskriterien der Deutschen Gesellschaften für Verkehrspsychologie und Verkehrsmedizin, aus denen sich die in Nr. 1 Buchst. c der Anlage 4a zur FeV der Fahreignungsbegutachtung zugrunde zu legenden anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2015 – 11 CS 15.1788 – juris Rn. 15).
Rechtsprechung liegt fast ausschließlich zu Trunkenheitsfahrten, kaum zu Fahrten unter Drogeneinfluss vor (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2023 – 11 CS 23.59 – ZfSch 2023, 294: keine Eignungszweifel hinsichtlich Fahrradfahrens bei Fahrt mit E-Scooter unter der Wirkung von Cannabis [§ 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG]; zu Eignungszweifeln hinsichtlich aller Fahrzeuge bei Fahrradfahrt mit BAK ab 1,6 ‰ siehe: BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – a.a.O.: BAK von 1,9 ‰; BayVGH, B.v. 9.8.2016 – 11 ZB 16.880 – ZfSch 2016, 655: BAK von 1,85 ‰ und Kfz-Fahrt mit BAK ab 1,15 ‰; B.v. 8.4.2016 – 11 C 16.319 u.a. – juris: BAK von 2,06 ‰, 2,02 ‰ und 2,30 ‰; B.v. 2.9.2016 – 11 ZB 16.1359 – juris: BAK von 2,19 ‰ und Kfz-Fahrt mit BAK von 2,4 ‰; B.v. 22.12.2014 – 11 ZB 14.1516 – juris: BAK von 1,96 ‰; B.v. 15.5.2013 – 11 ZB 13.450 u.a. – juris: BAK von 2,12 ‰; B.v. 8.2.2010 – 11 C 09.2200 – DAR 2010, 483: BAK von 1,7 ‰; SächsOVG, B.v. 19.8.2022 – 6 B 170/22 – Blutalkohol 59, 618: BAK von 2,57 ‰; OVG RP, U.v. 17.8.2012 – 10 A 10284/12 – DAR 2012, 601 = juris Rn. 23, 31: BAK von 2,44 ‰; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11 – DAR 2012, 164: BAK von 2,49 ‰; ThürOVG, B.v. 9.5.2012 – 2 SO 596/11 – DAR 2012, 721: BAK von 1,7 ‰; OVG Berlin-Brandenbg., B.v. 28.2.2011 – OVG 1 S 19.11 u.a. – juris: BAK von 2,57 ‰; HessVGH, B.v. 6.10.2010 – 2 B 1076/10 – Blutalkohol 47, 436: BAK von 1,75 ‰; OVG Saarland, B.v. 3.5.2021 – 1 B 30/21 – ZfSch 2021, 659: Eignungszweifel hinsichtlich erlaubnisfreier Fahrzeuge bei Mofafahrt mit BAK von 1,83 ‰; VG Gelsenkirchen, B.v. 23.7.2021 – 7 L 901/21 – juris Rn. 89 ff.: Ermessensreduzierung auf null bei Alkoholabhängigkeit hinsichtlich der Untersagung des Fahrradfahrens; OVG Hamburg, B.v. 20.6.2005 – 3 Bs 72/05 – Blutalkohol 44,56: Eignungszweifel hinsichtlich erlaubnisfreiem Kfz [Mofa] wegen gelegentlichen Cannabiskonsums; VG Koblenz, B.v. 31.8.2022 – 4 L 810/22.KO – ZfSch 2023, 58: keine Eignungszweifel bezogen auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge bei übermäßigem Alkoholkonsum ohne Verkehrsbezug; OVG RP, B.v. 8.6.2011 – 10 B 10451/11 – NJW 2011, 3801 = juris Rn. 8: keine Eignungszweifel bezogen auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge bei Trunkenheitsfahrt mit einem Kfz mit BAK von 1,1 ‰). Hiernach rechtfertigt eine Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr aufgrund der ausdrücklich für alle Fahrzeuge geltenden Regelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV Eignungszweifel auch hinsichtlich des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge und daher die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Nicht entschieden ist hingegen, ob dies auch für eine entsprechende Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug hinsichtlich fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge gilt (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 3 FeV Rn. 15). Dagegen könnte sprechen, dass § 69 StGB die vom Strafgericht auszusprechenden präventiven Maßnahmen bei einer solchen Straftat auf die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begrenzt und keine Maßnahmen für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge vorsieht. Ungeklärt ist ferner, ob in den übrigen Fällen des § 13 Satz 1 FeV Eignungszweifel hinsichtlich sonstiger Fahrzeuge und entsprechende Gefahrenerforschungsmaßnahmen gerechtfertigt sind. Erst recht ergeben sich aus den Entscheidungen keine handhabbaren Maßstäbe bezogen auf den Drogenkonsum. Entscheidungen zu Eignungsmängeln aufgrund pathologischer Zustände oder charakterlicher Mängel sind nicht ersichtlich. Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Fehlen gerichtlicher Entscheidungen in weiten Teilen des potentiellen Anwendungsbereichs des § 3 FeV allein auf eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Zurückhaltung bei der Anwendung dieser Vorschrift hinweist.
In Anbetracht dessen, dass die Beurteilung von Eignungsmängeln häufig medizinischpsychologischen Sachverstand erfordert, bestehen daher erhebliche Zweifel daran, dass die Fahrerlaubnisbehörden in der Lage sind, ihr Auswahlermessen (vgl. VG Gelsenkirchen, B.v. 23.7.2021 – 7 L 901/21 – juris Rn. 59; NdsOVG, B. v. 1.4.2008 – 12 ME 35/08 – NJW 2008, 2059 = juris Rn. 9) auf der Grundlage allgemeiner Lebenserfahrung auszuüben. Das wird allenfalls bei schweren Erkrankungen (vgl. Geiger, SVR 2007, 161/162: Anfallsleiden [Nr. 6.6 der Anlage 4 zur FeV], akute psychische Störungen [Nr. 7.1.1 der Anlage 4 zur FeV], schwere Herzrhythmusstörungen [Nr. 4.1 der Anlage 4 zur FeV]) oder Behinderungen möglich sein (z.B. Blindheit, wobei die Anforderungen der Anlage 6 zur FeV an die Sehkraft im Übrigen wohl nicht unmittelbar als Maßstab dienen können; Geiger a.a.O.).
Auch wenn der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eine den §§ 11 ff. FeV in Verbindung mit Anlage 4 bis 6 vergleichbare Regelungsdichte erfordern mag, kommt der Senat unter Berücksichtigung der Vielfalt der Eignungszweifel auslösenden Sachverhalte zu dem Ergebnis, dass die Rechtsgrundlage für die angegriffene Maßnahme nicht hinreichend bestimmt ist. Es ist in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich, im Wesentlichen darauf zu vertrauen, dass eine unbestimmte Eingriffsermächtigung durch Auslegung seitens der Behörde, deren Verhalten gerade beschränkt werden soll, in gebotener Weise eingeengt wird (BVerwG, B. v. 31.5.2022 – 6 C 2.20 – NVwZ 2022, 1802 Rn. 47 m.w.N.).
e. Wegen des nicht hinreichend bestimmbaren Inhalts des Eignungsbegriffs und der nicht näher eingrenzbaren entsprechenden Anwendung der §§ 11 ff. FeV i.V.m. Anlage 4 bis 6 zur FeV auf die Beurteilung, ob Eignungszweifel hinsichtlich des Führens (bestimmter) fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge vorliegen und welche Erforschungsmaßnahmen diese rechtfertigen, ist weiter davon auszugehen, dass die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auch nicht erforderliche sowie unangemessene Maßnahmen beinhaltet und damit nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt (vgl. Grzeszick in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 20 Rn. 115 ff., 119 ff. m.w.N.; BVerwG, U.v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 38). Wie dargelegt wäre es geboten, an die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge weniger hohe Anforderungen zu stellen als an die Eignung zum Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge und ggf. zwischen fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen und sonstigen Fahrzeugen, darunter insbesondere dem Fahrrad, zu differenzieren.
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Ein wichtiges und richtungsweisendes Urteil, das zeigt, dass es sich lohnt mit einem versierten Rechtsanwalt zu kämpfen.
Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen
Die Entscheidung wird wahrscheinlich noch beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) landen, das der BayVGH die Revision zugelassen hat.