Mache ich mich strafbar, wenn ich ein „indiziertes“ Spiel besitze?
Neulich wandte sich ein Mandant an uns. Er hatte offenbar ein Spiel bei eBay bestellt („Wolfenstein“). Das war nun beschlagnahmt worden, weil es angeblich „indiziert“ sei und die Staatsanwaltschaft meldete sich, da angeblich ein Strafverfahren deswegen eingeleitet worden sei.
1) Was bedeutet in diesem Zusammenhang „indiziert“?
Medien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind von der Bundeszentrale nach Entscheidung der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste (Liste jugendgefährdender Medien) aufzunehmen, vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG. Diese Liste entspricht dem sog. „Index“.
Die Bundesprüfstelle entscheidet gemäß § 19 JuSchG über Indizierungen, also über die Aufnahme in oben genannte Liste, in Besetzung von 12 Mitgliedern im sogenannten „12er-Gremium“.
Die Liste jugendgefährdender Medien ist als öffentliche Liste zu führen. Würde die Bekanntmachung eines Mediums in der öffentlichen Liste jedoch der Wahrung des Kinder- und Jugendschutzes schaden, so ist dieses Medium in einem nichtöffentlichen Teil der Liste zu führen. Ein solcher Schaden ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Bezeichnung des Mediums in der öffentlichen Liste nur in der Weise erfolgen kann, dass durch die Bezeichnung für Kinder und Jugendliche zugleich der unmittelbare Zugang möglich wird (vgl. § 24 Abs. 2a JuSchG).
2) Was sind die Rechtsfolgen einer solchen Indizierung?
Die Rechtsfolgen einer solchen Indizierung ergeben sich aus § 15 Abs. 1 JuSchG:
„(1) Medien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3
Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen als Trägermedien nicht
- einem Kind oder einer jugendlichen Person angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden,
- an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,
- im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten pflegen, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
- im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
- im Wege des Versandhandels eingeführt werden,
- öffentlich an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Träger- oder Telemedien außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten, angekündigt oder angepriesen werden,
- hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder eingeführt werden, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 6 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.“
3) Sind Indizierungsentscheidungen umfassend gerichtlich überprüfbar?
Das BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 20.10.2022, Az.: 1 BvR 201/20) führt hierzu aus:
„Die Fachgerichte schulden bei der Überprüfung einer aus Jugendschutzgründen erfolgten Indizierung von Verfassungs wegen eine umfassende Abwägung aller widerstreitender Belange von Kunstfreiheit und Jugendschutz (vgl. BverfGE 83, 130 <149>; 119, 1 <22>; BverfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Januar 2019 – 1 BvR 1738/16 -, Rn. 18). Sie können sich insbesondere nicht darauf zurückziehen, dass Entscheidungen der Bundesprüfstelle, deren 12er-Gremium für die Beurteilung des jugendgefährdenden Charakters oder der künstlerischen Bedeutung eines Kunstwerks besonders qualifiziert ist (dazu BverfGE 83, 130 <151>), wegen eines Beurteilungsspielraums oder Entscheidungsvorrangs nur eingeschränkt überprüfbar seien (vgl. bereits BverfGE 83, 130 <148>).“
4) Unter welchen Voraussetzungen mache ich mich strafbar?
a) Bzgl. der Strafbarkeit ist zunächst § 27 JuSchG zu beachten:
„(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 oder 6, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 2, oder entgegen § 15 Absatz 1a ein dort genanntes Medium anbietet, überlässt, zugänglich macht, ausstellt, anschlägt, vorführt, einführt, ankündigt oder anpreist,
- entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 7, auch in Verbindung mit Abs. 2, ein Trägermedium herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einführt,
- entgegen § 15 Abs. 4 die Liste der jugendgefährdenden Medien abdruckt oder veröffentlicht,
- entgegen § 15 Abs. 5 bei geschäftlicher Werbung einen dort genannten Hinweis gibt oder
- einer vollziehbaren Entscheidung nach § 21 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 zuwiderhandelt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Veranstalter oder Gewerbetreibender
- eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch wenigstens leichtfertig ein Kind oder eine jugendliche Person in der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer gefährdet oder
- eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung aus Gewinnsucht begeht oder beharrlich wiederholt.
(3) Wird die Tat in den Fällen
- des Absatzes 1 Nr. 1 oder
- des Absatzes 1 Nr. 3, 4 oder 5
fahrlässig begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu hundertachtzig Tagessätzen.
(4) Absatz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 3 Nummer 1 sind nicht anzuwenden, wenn eine personensorgeberechtigte Person oder eine Person, die im Einverständnis mit einer personensorgeberechtigten Person handelt, das Medium einem Kind oder einer jugendlichen Person anbietet, überlässt, zugänglich macht oder vorführt. Dies gilt nicht, wenn die personensorgeberechtigte Person durch das Erteilen des Einverständnisses, das Anbieten, Überlassen, Zugänglichmachen oder Vorführen ihre Erziehungspflicht gröblich verletzt.“
- b) Daneben sind aber noch die Strafvorschriften des StGB zu beachten, insbesondere Gewaltdarstellung gemäß § 131 StGB:
„(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,
- a) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
- b) einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder
- einen in Nummer 1 bezeichneten Inhalt (§ 11 Absatz 3) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 ist der Versuch strafbar.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.
(3) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt.“