Erfolg durch Dr. Herzog Rechtsanwälte – Verweigerung der Zulassung Praxisaufstieg wegen Nichtvollendung 40. Lebensjahr durch Bundespolizeidirektion München rechtswidrig
Beschluss VG München vom 06.06.2013 – Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz § 123 VwGO, Az. M 21 E 13.1492
Sachverhalt:
Der am 13. Februar 1974 geborene Antragsteller steht als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A8) im Dienst der Bundespolizei. Er ist seit 1. Oktober 2009 als Ermittlungsbeamter bei der Bundespolizeiinspektion R. tätig. Nachdem das Bundespolizeipräsidium mit jährlich wiederkehrendem Rundschreiben – hier vom 1. Februar 2012 – unter Mitteilung der Bewerbungsvoraussetzungen zur Teilnahme an dem alternativ nach § 15 BPolLV (Ausbildungsaufstieg) sowie nach § 17 Abs. 2 BPolLV (Praxisaufstieg) möglichen Aufstiegsverfahren in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Jahr 2013 aufgerufen hatte, bewarb sich der Antragsteller unter dem 6. Februar 2012 zunächst um die Zulassung zum Aufstiegsverfahren gemäß § 15 BPolLV in den gehobenen Polizeivollzugsdienst.
Er wurde daraufhin zuerst mit Bescheid vom 8. März 2012 zur Teilnahme am – für beide Aufstiegsverfahren gleichermaßen geltenden – Eignungsauswahlverfahren und anschließend – unter Bestätigung von dessen erfolgreichem Abschluss – mit Bescheid vom 3. Januar 2013 zum zweijährigen Ausbildungsaufstieg gemäß § 15BPolLV mit Beginn am 1. Juli 2013 zugelassen.
Bereits mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 hatte der Antragsteller auch seine Zulassung für die Aufstiegsausbildung zum Praxisaufstieg gemäß § 17 Abs. 2 BPolLV für das Jahr 2013 (mit Beginn am 1. September 2013) beantragt. Darin hatte er ausgeführt, zwar erfülle er nicht die Voraussetzung des über § 17 Abs. 2 BPolLV anzuwendenden § 30 Abs. 1 Nr. 1 BPolLV in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.Januar 2003 (BGBl. I S. 143), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 4.Juni 2009 (BGBl. I S. 1237), wonach zum Praxisaufstieg zugelassen werden könne,wer zu Beginn der Einführung das 40. Lebensjahr vollendet habe. Dies hindere seine Zulassung jedoch deshalb nicht, weil es nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. September 2012 (Az. 2 C 74.10) gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoße, Aufstiegsmöglichkeiten zur Laufbahn des gehobenen Dienstes von einem Mindestalter von 40 Jahren (oder einer Mindestverweildauer von zwölf Jahren in demVerwaltungszweig) abhängig zu machen.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2013 lehnte die Bundespolizeidirektion München den Antrag vom 29. Oktober 2012 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller erfülle nicht die Zulassungsvoraussetzung des § 30 Abs. 1 Nr. 1 BPolLV i. d. F. d.Bek. vom 31. Januar 2003 (BGBl. I S. 143) für den Praxisaufstieg, weil er bei Beginn der Einführung am 1. September 2013 das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben werde.
Hiergegen legte der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten, Dr. Herzog Rechtsanwälte (www.drherzog.de) am 28. Februar 2013 Widerspruch ein, über den die Antragsgegnerin noch nicht entschieden hat. Zur Begründung wurde das bisherige Vorbringen wiederholt.
Am 9. April 2013 beantragte er durch seine Bevollmächtigten bei dem Verwaltungsgericht München nach § 123 VwGO, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache für den (unbegrenzten) Praxisaufstieg in die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei mit Beginn am 1. September 2013 zuzulassen.
Zur Begründung wurde vorgetragen, es bestehe ein Anordnungsgrund, da bis zum Beginn der Einführung in den begehrten Praxisaufstieg am 1. September 2013 nicht mit einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu rechnen sei. Hinsichtlich des Anordnungsanspruchs wurde das bisherige Vorbringen wiederholt.
Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde vorgetragen, der von dem Antragsteller nunmehr beantragte (unbegrenzte) Praxisaufstieg sei nur noch im Wege des Gebrauchmachens von der Übergangsregelung des § 17 Abs. 2 BPolLV möglich. Dabei regle § 17 Abs. 3 Satz 2 BPolLV ausdrücklich, dass ein Wechsel vom Praxisaufstieg gemäß § 30 BPolLV i. d. F. d. Bek. vom 31. Januar 2003 in den jeweiligen Aufstieg nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 BPolLV möglich sei. Das bedeute im Umkehrschluss, dass ein Wechsel vom Aufstieg gemäß § 15 BPolLV in den früheren, nur noch im Wege der Übergangsregelung des § 17 Abs. 2 BPolLV möglichen Praxisaufstieg nicht möglich sei. Damit spiele das Kriterium eines Mindestalters von 40 Jahren für den Antragsteller (und alle anderen Bewerber) an sich keine Rolle. Diesem Kriterium komme nur noch übergangsweise und nur noch hinsichtlich der möglichen Form des Laufbahnaufstiegs Bedeutung zu.
Beide Formen führten unterschiedslos zur Laufbahnbefähigung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst und unterschieden sich nur hinsichtlich des Umfangs ihrer theoretischen und praktischen Anteile. Insofern komme dem Kriterium des Mindestalters für den Praxisaufstieg eher eine personalwirtschaftliche Lenkungsfunktion als die Funktion eines rechtlich relevanten Ausschlusskriteriums zu; die erstere Funktion stehe aber im Organisationsermessen des Dienstherrn.
Darauf erwiderte der Antragsteller, nach der hier zugrunde zu legenden Bundespolizeilaufbahnverordnung sei die Möglichkeit beider Aufstiegsverfahren vorgesehen, welche aber erhebliche Unterschiede aufwiesen. So handle es sich bei dem zweijährigen Ausbildungsaufstieg nach § 15 BPolLV um einen laut vorgelegtem Schreiben der Bundespolizeiakademie in Lübeck vom 24. Mai 2012 in verschiedene Studienabschnitte (Grundstudium, Hauptstudienabschnitte und Praktika auf verschiedenen Dienststellen) mit wechselnden Studienörtlichkeiten und Ablegung eines Diploms zum Verwaltungswirt (FH) aufgegliederten Diplomstudiengang. Ferner verliere der Teilnehmer am zweijährigen Ausbildungsaufstieg den von ihm vor dem Beginn der Ausbildung innegehabten Dienstposten.
Eine Zusage hinsichtlich einer erneuten Verwendung an seiner bisherigen Stammdienststelle unter Beibehaltung seines Dienstpostens sei dem Antragsteller mit dem Schreiben vom 3. Januar 2013 dem nach ausdrücklich nicht erteilt worden. Im Praxisaufstiegsverfahren werde der Beamte schwerpunktmäßig auf seinem bisherigen Dienstposten und der bisherigen Stammdienststelle, also heimatnah weiterverwendet; es fänden lediglich Abordnungen zu Studienabschnitten an die FHBund bzw. die Aus- und Fortbildungszentren der Bundespolizei statt. Der Erhalt des Dienstpostens und die Zuordnung zur Stammdienststelle der Bundespolizeiinspektion R. seien für den verheirateten Antragsteller von erheblicher Bedeutung, weil er Vater von fünf Kindern sei, von denen vier in seinem eigenen Haushalt lebten und die jüngsten erst 7, 5 und 2 Jahre alt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
Begründung :
Der zulässige Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO) auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Für den Erlass einstweiliger Anordnungen gilt nach § 123 Abs. 3 VwGO u. a. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend, d.h., der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
Mit seinem Vorbringen, dass bis zum Beginn des nächstmöglichen, mit „Umsetzungsverfügung“ der Bundespolizeiakademie (vgl. Blatt 63/72 d.A.) zu regelnden Praxisaufstiegsprogramms am 1. September 2013 nicht mit einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu rechnen sei, hat der Antragsteller den erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Das Rechtsschutzbegehren scheitert ausnahmsweise nicht am Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Indem § 123 Abs. 1 VwGO vorschreibt, dass das Gericht eine „einstweilige“ Anordnung zur hier allein in Betracht kommenden Regelung eines „vorläufigen“ Zustands treffen kann, verbietet sich grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, zu § 123, Rdnr. 66a).
Daraus folgt, dass das Gericht dem Antragsteller im Allgemeinen nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren kann, was er nur in einem Hauptsacheprozesserreichen könnte. Das Gericht darf im Grundsatz nur die Lage offen halten, um zu vermeiden, dass das Recht bis zu einer Klärung im Hauptsacheprozess untergeht oder seine Durchsetzung wegen des Zeitablaufs mit wesentlichen Nachteilen verbunden ist (Happ, a.a.O.). Der Grundsatz, dass die Anordnung weder zugunsten noch zulasten eines Verfahrensbeteiligten die Schaffung vollendeter Tatsachen zulassen darf (Happ, a.a.O.), darf nur dann durchbrochen werden, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, zu § 123, Rdnr. 13 und 14).
Mit seinem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnvorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache für den (unbegrenzten) Praxisaufstieg in die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei mit Beginn am 1. September 2013 zuzulassen, verlangt der Antragsteller der Sache nach, sofort so gestellt zu werden, als hätte er in der Hauptsache bereits obsiegt. Das Gericht kann die begehrte einstweilige Anordnung somit nur unter den oben dargestellten einschränkenden Voraussetzungen erlassen, die es aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage jedoch ausnahmsweise als erfüllt ansieht, weil vorliegend zum einen die für den Antragsteller zu erwartenden Nachteile, befindet er sich erst einmal gegen seinen Willen in dem Aufstiegsverfahren nach § 15BPolLV, wegen der weitreichenden Unterschiede der zur Wahl stehenden Ausbildungsgänge unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, zum andern ein sehr hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
Der Antragsgegnerin wiederum kann der Eingriff in ihre Personalpolitik zugemutet werden, weil die dadurch ermöglichte Teilnahme des Antragstellers an der Einführung und der Aufstiegsprüfung bis auf Weiteres auf eigenes Risiko erfolgt (BVerwG vom 12.04.2001 – 2 C 16.00 u.a. – BVerwGE 114, 149 = DVBI 2001, 1680 = NVwZ 2001, 1286 = DÖD 2001, 280 = DokBer B 2001, 267 = IÖD 2001, 266 = BayVBI 2002, 248 = Schütz/Maiwald BeamtR ES/F II 3 Nr. 15 = Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 118). Die hierdurch vermittelte vorläufige Rechtsposition ist „ungesichert“ und entfällt in der Regel rückwirkend, falls der Bewerber im Hauptsacheverfahren unter liegt.
Jedoch kann dem Bewerber, der eine Prüfung bestanden hat, an der er aufgrund einer einstweiligen Anordnung teilnehmen durfte, im Nachhinein nicht mehr entgegengehalten werden, dass er ausschließlich aus Gründen beschränkter Kapazitäten – der vorliegende Fall der Nichterfüllung eines Mindestalters wird dem wohl gleichzustellen sein – von der Prüfung und der ihr vorangehenden Ausbildung ausgeschlossen sein sollte. Denn mit dem Bestehen der Aufstiegsprüfung hat der Bewerber nachgewiesen, dass er den Lehrgangs- und Prüfungsanforderungen gewachsen war (BVerwG, ebenda).
Der Antragsteller hat auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Mit Urteil vom 27. Mai 1982 (BVerwG 2 A 1.79 – ZBR 1983, 182 = Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 1) hat das Bundesverwaltungsgericht u.a. zu Art und Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung von Ausleseverfahren für die Zulassung zum Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn umfassend rechtsgrundsätzlich Stellung genommen. Danach steuert der Dienstherr den Zugang zu einem Aufstiegsverfahren – als Ausnahme von dem sonst geltenden Laufbahnprinzip – nach seinem Eignungsurteil und seinem personalpolitischen Ermessen. Ihm ist eine verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt, ob und ggf. in welchem Maße ein Beamter die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehende Eignung für den Aufstieg besitzt bzw. erwarten lässt, ferner eine weitere Ermessensermächtigung hinsichtlich der Frage, wie viele und welche der als geeignet erscheinenden Beamten zum Aufstieg zugelassen werden (ebenso BVerwG vom 22.09.1988 – 2 C 35.86 – BVerwGE 80, 224 = DVBI 1989, 206 = DÖV 1989, 167 = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 5 = NJW 1989, 1297 = ZBR 1989, 173 = RiA 1989, 208 = DÖD 1989, 197). Bestandteil der verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbaren Beurteilungsermächtigung sind auch die Wahl des Testverfahrens und die Würdigung seiner Ergebnisse (BVerwG vom 11.02.1983 – 2 B 103.81 – ZBR 1983, 303 = DÖV 1984, 342 = RiA 1983, 113 = NJW 1983, 1922 = DÖD 1983, 177 = Buchholz 237.6 § 8 LBG ND Nr. 2).
Der Beamte kann andererseits beanspruchen, dass über seine vorgeschlagene oder beantragte Zulassung zum Aufstiegsverfahren ohne Rechtsfehler entschieden wird und von praktizierten ermessensbindenden Richtlinien nicht zu seinem Nachteilgrundlos abgewichen wird (BVerwG vom 27.05.1982, a.a.O.). Sind – wie im vorliegenden Fall in Gestalt der Richtlinien des Bundesministeriums des Innern für das Eignungsauswahlverfahren für die Zulassung von Beamtinnen und Beamten des mittleren Polizeivollzugsdienstes der Bundespolizei zum Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei gemäß §§ 28, 29, 30 Abs. 1 bis 4 BPolLV (EAV-RL gPVD) vom April 2008 – derartige Richtlinien erlassen, so kontrolliert das Gericht nicht nur, ob die Richtlinien eingehalten worden sind, sondern auch, ob sie sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung halten und auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG vom 27.05.1982, a.a.O.; vom 22.09.1988, a.a.O.).
Für den hier in Rede stehenden Aufstieg hat die Bundesregierung mit dem insoweit am 7. Dezember 2011 in Kraft getretenen § 17 Abs. 2 BPolLV bestimmt, dass übergangsweise abweichend von § 15 BPolLV der Praxisaufstieg zusätzlich nach den §§ 28 und 30 BPolLV i. d. F. d. Bek. v. 31. Januar 2003 (BGBl. I S. 143), zul. geänd. d. Art. 1 der Verordnung vom 4. Juni 2009 (BGBl. I S. 1237) erfolgen kann, wenn die Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten bis zum 31. Dezember 2014 zum Aufstieg zugelassen sind oder – wie im vorliegenden Fall – erfolgreich an einer Vorauswahl für die Teilnahme am Auswahlverfahren zum Aufstieg teilgenommen haben.
Damit hat sich die Bundesregierung grundsätzlich auf eine übergangsweise gleichrangige Zulassung beider Aufstiegsformen festgelegt. Sie verhält sich dabei in Übereinstimmung mit ihrem in der Gesetzesbegründung zu der allgemeinsten einschlägigen Ermächtigungsnorm des § 22 Abs. 5 Satz 2 BBG formulierten Ziel, wonach mit den in der Bundeslaufbahnverordnung und den Verordnungen nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 BBG zu regelnden Einzelheiten der Voraussetzungen und des Verfahrens (für den Aufstieg) auch eine familienfreundliche Ausgestaltung des Aufstiegsverfahrens in der Bundeslaufbahnverordnung sichergestellt werden könne, z.B. durch eine Anerkennung von Fernlehrgängen und berufsbegleitenden dezentralen Fortbildungsmaßnahmen sowie durch eine Modularisierung von Aufstiegslehrgängen.
Das zukünftige Aufstiegsverfahren solle gewährleisten, dass Frauen und Männer von Aufstiegschancen nicht ausgeschlossen würden, die wegen der Erfüllung von Familienpflichten auf wohnortnahe Maßnahmen angewiesen seien. Damit solle auch denim Koalitionsvertrag festgelegten Zielen, familienfreundliche Arbeitsbedingungen und gleiche berufliche Aufstiegschancen für Frauen zu fördern, Rechnung getragen werden (vgl. Bundestags-Drucks. 16/7076 vom 12.11.2007, S. 105).
Das dem Dienstherrn demnach immer noch verbliebene personalpolitische Ermessen, den Zugang der Beamten zu einem der beiden Aufstiegsverfahren zu steuern (vgl. oben), hat dann das Bundesministerium des Innern durch Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 2.3.1 EAV-RL gPVD dahin gebunden, dass die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei mit voller Ämterreichweite durchgeeignete Beamtinnen und Beamte des mittleren Polizeivollzugsdienstes entweder im Wege des Ausbildungsaufstiegs nach § 29 BPolLV oder im Wege des Praxisaufstiegs nach § 30 Abs. 1 bis 4 BPolLV erworben werden könne und sich Beamte für beide Aufstiegsformen bewerben könnten, wobei durch Nr. 2.2 EAV-RL gPVD nicht festgelegt ist, dass eine spätere Bewerbung durch eine schon vorhandene frühere ausgeschlossen wird.
Daraus folgt, dass nach den zitierten Vorschriften entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin Bewerbern ein Wahlrecht hinsichtlich der von ihnen bevorzugten Aufstiegsausbildungsform eingeräumt ist, solange diese noch besteht.
Der Antragsteller erfüllt, da er an dem für beide Formen gleichermaßen vorgeschriebenen, aber auch ausreichenden einheitlichen Eignungsauswahlverfahren erfolgreich teilgenommen hat, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BPolLV. Soweit er die Zulassungsvoraussetzung des § 30 Abs. 1 Nr. 1 BPolLV i. d. F. d. Bek. v. 31. Januar 2003 als einer der Normen, auf die § 17 Abs. 2 BPolLV u.a. verweist, nicht erfüllt, weil er zu Beginn der Einführung am 1. September 2013 das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben wird, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass ein Mindestalter von 40 Jahren nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten gehört, die der Bewerberauswahl für einen Laufbahnwechsel gemäß Art. 33 Abs. 2 GG zugrunde gelegt werden können (BVerwG vom 26.09.2012 – 2 C 74.10 – DokBer 2013, 23 = NVwZ 2013, 80 = ZTR 2013, 112 = Schütz/Maiwald BeamtR ES/A II 3.6 Nr. 12). Daraus folgt, dass auf den vorliegenden Sachverhalt § 30 Abs. 1 Nr. 1 BPolLV i. d. F. d. Bek. v. 31. Januar 2003 als verfassungswidrig nicht angewandt werden kann.
Die Verfassungswidrigkeit der Mindestaltersgrenze führt nicht dazu, dass die Vorschrift insgesamt nichtig wäre und es etwa deshalb an einer Grundlage für die begehrte Zulassung zu dem Praxisaufstiegsprogramm fehle. Wie in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall nimmt auch das erkennende Gericht nicht an, dass auf die Möglichkeit des Praxisaufstiegs insgesamt verzichtet worden wäre, nur weil ein pauschaler Schluss vom Lebensalter auf die persönliche Eignung als Vorgesetzter nicht möglich ist. Das ergibt sich schon daraus, dass dasselbe Kriterium bei der alternativen Zulassung zum Ausbildungsaufstieg nach § 15 BPolLV keine Rolle spielt.
Jürgen Liebhart
Rechtsanwalt
Dipl.-Verwaltungswirt (FH)