Ist eine neue EU-Fahrerlaubnis nach vorangegangenem Entzug in Deutschland gültig?
Auch wenn es vielen Fahrerlaubnisbehörden oft ein „Dorn im Auge“ sein mag, gilt innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) die grundsätzliche Pflicht der Mitgliedsstaaten zur gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen.
Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung erteilter EU-Führerscheine
Wer also auf rechtmäßigem Weg nach einem Entzug der Fahrerlaubnis in Deutschland und nach Ablauf einer ggf. verhängten Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in einem (anderen) EU-Mitgliedsstaat eine neue EU-Fahrerlaubnis erwirbt, darf im Umfang der erteilten Fahrerlaubnis auch in der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge führen.
Da beißt die Maus erstmal keinen Faden ab!
So steht es auch in § 28 I FeV (siehe hierzu auch unseren weiteren Artikel in unserem AnwaltBlog).
Diese vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) seit dem Urteil vom 29.04.2004 („Kapper-Entscheidung“) unter der Geltung der 2. Führerschein-Richtlinie entwickelten Grundsätze gelten auch in gleicher Weise nach Inkrafttreten der 3. Führerschein-Richtlinie fort. Auch unter Geltung der 3. Führerschein-Richtlinie müssen EU-Fahrerlaubisse bzw. EWR-Fahrerlaubnisse von allen Mitgliedstaaten vorbehaltlos anerkannt werden.
Ausnahmen
Hiervon gelten aber die in § 28 IV FeV gesetzlich geregelten Ausnahmen. Die Berechtigung trotz einer erteilten EU-Fahrerlaubnis gilt nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis bzw. EWR-Fahrerlaubnis,
“
1.
die lediglich im Besitz eines Lernführerscheins oder eines anderen vorläufig ausgestellten Führerscheins sind,
2.
die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
4.
denen auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf,
5.
solange sie im Inland, in dem Staat, der die Fahrerlaubnis erteilt hatte, oder in dem Staat, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, einem Fahrverbot unterliegen oder der Führerschein nach § 94 der Strafprozessordnung beschlagnahmt, sichergestellt oder in Verwahrung genommen ist,
6.
die zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis waren,
7.
deren Fahrerlaubnis aufgrund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, der nicht in der Anlage 11 aufgeführt ist, prüfungsfrei umgetauscht worden ist, oder deren Fahrerlaubnis aufgrund eines gefälschten Führerscheins eines Drittstaates erteilt wurde, oder
8.
die zum Zeitpunkt der Erteilung einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates, die in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis umgetauscht worden ist, oder zum Zeitpunkt der Erteilung der EU- oder EWR-Fahrerlaubnis auf Grund einer Fahrerlaubnis eines Drittstaates ihren Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie die ausländische Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 in eine ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts umgetauscht haben“
(§ 28 IV FeV in der Fassung vom 10.1.2013).
Die Befugnis zur Ablehnung der Gültigkeit von anderen Mitgliedsstaaten ausgestellten EU-Fahrerlaubnissen stellt auch weiterhin aber einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand dar.
Auch nach Geltung der 3. Führerschein-Richtlinie kann die Gültigkeit einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis nur dann abgelehnt werden, wenn sie während einer Sperrfrist erteilt worden ist. § 28 IV 1 Nr. 3 FeV ist somit weiterhin auch unter Geltung der 3. Führerschein-Richtlinie nur auf Fälle anwendbar, in denen eine ausländische EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnis während einer noch laufenden Sperrfrist erteilt worden ist.
Umtausch eine Führerscheines bzw. Umschreibung keine Neuerteilung
Wichtig ist aber, dass der Austausch eines EU-Führerscheindokuments welcher nicht mit einer Eignungsüberprüfung verbunden ist, nicht zu einer neuen Lenkberechtigung führt. Wer also z.B. einen alten Führerschein vorgibt, der tatsächlich nicht mehr gültig ist und sich von einer Behörde eines anderen EU-Mitgliedsstaates einen neuen Führerschein ausstellen lässt, wird nicht automatisch berechtigt zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Die Ausstellung eines (neuen) EU-Führerscheines führt nur dann zu einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, wenn die ausstellende Behörde tatsächlich nicht nur ein neues Führerscheindokument ausstellen wollte, sondern tatsächlich auch eine neue (EU-) Fahrerlaubnis erteilt hat und nicht über ein tatsächlich nicht (mehr) bestehendes Recht getäuscht wurde!
Der Umtausch bzw. die Neuausstellung eines Führerscheines ist also nicht automatisch auch eine Neuerteilung einer Fahrerlaubnis!
Achtung:
Wenn Sie ohne gültige Fahrerlaubnis fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge führen, machen Sie sich strafbar! Die Rechtslage zur EU-Fahrerlaubnis bzw. zum EU-Führerschein ist komplex. Verlassen Sie sich nicht auf Halbwissen oder dubiose Angebote. Kontaktieren Sie immer einen Rechtsanwalt, der sich auf dem Gebiet der EU-Fahrerlaubnis auskennt!
Hallo!
„der EU FS ist ohne wenn und aber auch bei Entzug anzuerkennen in Deutschland“….
dann einige Sätze später unter Ausnahmen dann das hier:
3.
denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben,
Merken Sie selber diesen Widerspruch?
Das heisst selbst wenn ich auswandere (in 2 Jahren) und mache hier mal 3 Monate in D Urlaub (keine Wohnsitznahme) , darf ich nicht mit meinem erworbenen EU FS hier fahren, da mir die Fahrerlaubnis 1998 entzogen wurde (habe keine MPU abgelegt, erfährt die Polizei bei einer Kontrolle und schwupps ist der legal erworbene EU FS eingezogen und der Entzug meiner Fahrerlaubnis aus 1998 wird noch dem EU Land gemeldet wo ich wohne…
Demokratisch, Rechtstaat, ist das alles nicht.
Guten Tag,
es ist kein Widerspruch im Gesetz, denn wenn Sie NACH einem Entzug und z.B. Ablauf einer Sperrfrist eine (ganz) neue EU-Fahrerlaubnis erwerben, dürfen Sie damit grundsätzlich wieder in Deutschland Fahrzeuge der innegehaltenen Klassen führen. Es ist aber immer eine Einzelfallprüfung nötig!
Wir helfen gerne!
Ihr Team von Dr. Herzog Rechtsanwälte
http://www.drherzog.de