Empfehlungen zur EU-Fahrerlaubnis vom Deutschen Verkehrsgerichtstag
Wieder Neues zum EU-Führerscheintourismus?
Der 53. Deutscher Verkehrsgerichtstag hat vom 28. bis 30. Januar 2015 in Goslar stattgefunden. Einer der Arbeitskreise hat sich mit dem Thema „Europäischer Führerscheintourismus“ beschäftigt. Die EU-Fahrerlaubnis war Thema der Erörterungen. Hier sollen zusätzliche Regelungen den Führerscheintourismus eindämmen.
Neue Sperrfristen von 5 Jahren oder 10 Jahren vor Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis?
Es wurde eine starre „Ausschlussfrist“ für die Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis diskutiert. Bei einem Erstfall soll eine feste „Sperrfrist“ von 5 Jahren gelten. Bei einem „Wiederholungsfall“ soll innerhalb einer Sperrfrist von 10 Jahren keine EU-Fahrerlaubnis aus einem EU-Mitgliedsstaat anerkannt werden. Vor Ablauf der Sperre dürfte also auch mit einer neu erteilten EU-Fahrerlaubnis in Deutschland kein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug geführt werden. Der EU-Führerschein wäre quasi in Deutschland wertlos.
Medizinisch-psychologische Untersuchung („MPU“) vor Ablauf Sperre
Was tun vor Ablauf der Sperre? Dem Fahrerlaubnisbewerber soll es gestattet sein, auch schon vor Ablauf der 5 bzw. 10-Jahres-Sperrfrist seine Fahreignung zu beweisen.
Dies führt dann dazu, dass derjenige, der aus einer EU-Fahrerlaubnis ein Recht zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland herleiten möchte, doch wieder zur „MPU“ muss. Vor Ablauf der 5 bzw. 10- Jahres-Sperrfrist wird die Eignung zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen erst durch Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle anerkannt werden.
Einheitliche europäische Eignungsvoraussetzungen durch „EU-MPU“?
Es wurde im Arbeitskreis auch die Schaffung einheitlicher europäischer Eignungsvoraussetzungen diskutiert. Würden in allen EU-Mitgliedsstaaten einheitliche Kriterien für eine Begutachtung zur Fahreignung (medizinisch-psychologische Untersuchung) geschaffen, wäre für alle EU-Fahrerlaubnisinhaber eine einheitliche „EU-MPU“ die Regel.
Klarere deutsche Regelungen
Es wurde auch vom Arbeitskreis dazu aufgerufen, die in Deutschland geltenden Gesetze dem akteullen Stand der Rechtsprechung und den Vorgaben des EuGH anzupassen.
Hier die Empfehlungen zur EU-Fahrerlaubnis / EU-Führerscheintourismus:
EMPFEHLUNG Arbeitskreis I
Europäischer Führerscheintourismus
(Quelle: http://www.deutscher-verkehrsgerichtstag.de/images/empfehlungen_pdf/empfehlungen_53_vgt.pdf)
„Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind EU-Fahrerlaubnisse anzuerkennen, die nach Ablauf einer Sperrfrist unter Einhaltung des Wohnsitzprinzips erworben wurden. Das gilt auch dann, wenn der Betroffene nach deutschen Maßstäben ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Demzufolge kann ein nach deutschen Vorschriften ungeeigneter Kraftfahrer mit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland fahren, sodass die deutschen Fahreignungsregelungen umgangen werden („Führerscheintourismus“).
1. Die ständige Rechtsprechung des EuGH, dass im europäischen Ausland erteilte Fahrerlaubnisse grundsätzlich anzuerkennen sind, wird nicht in Frage gestellt.
2. Zur Lösung des Problems „Führerscheintourismus“ sollen gesetzliche Sperrfristen von fünf Jahren, im Wiederholungsfall von zehn Jahren, nach jedem Entzug der Fahrerlaubnis eingeführt werden. Der Betroffene muss dann die Möglichkeit haben, die Sperrfrist durch Nachweis der Eignung nach den Vorgaben der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) jederzeit aufheben zu lassen. Dies soll aber frühestens nach Ablauf der bestehenden Mindestsperrfristen erfolgen können.
3. Die Eignungsvoraussetzungen sind auf europäischer Ebene zu vereinheitlichen. Ein europäisches Fahreignungsregister soll eingerichtet werden.
4. §§ 28, 29 FeV müssen aus Gründen der Rechtsklarheit an die europäische Rechtslage angepasst werden, weil der derzeitige Wortlaut die Auslegung durch den EuGH nicht durchgehend berücksichtigt.
5. Die Streitfrage, wann der ordentliche Wohnsitz im Sinn der Europäischen Führerscheinrichtlinie erfüllt ist, ist auf europäischer Ebene zu lösen.“
Fazit:
Es wird sich also wieder etwas bewegen! Die vorbehaltlose Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis bzw. eines EU-Führerscheins „ohne Hintertürchen“ durch eine neue MPU bleibt weiterhin ein spannendes Thema. Vielleicht helfen aber klarere Regelungen, Auseinandersetzungen mit den Fahrerlaubnisbehörden zu verringern und dem Fahrerlaubnisbewerber besser verständliche Bedingungen an die Hand zu geben, wann ein im EU-Ausland erworbener Führerschein in der Bundesrepublik Deutschland auch wirklich ohne „Wenn und Aber“ anerkannt wird. Ob allerdings starre Fristen hier mehr Transparenz und Verkehrssicherheit schaffen, bleibt fraglich.